15. Mai – 18. Mai 2018:
Vor dem Mittag trafen wir uns am Flughafen Zürich-Kloten, um die drei Kartonschachteln mit den Fahrrädern und die Seesäcke, gefüllt mit dem restlichen Material am Check-in Schalter aufzugeben und unsere Reise anzutreten.
Wieso drei Schachteln fragt sich der aufmerksame Leser?
Joel, ein gemeinsamer Freund, wird uns bis Schottland ungefähr vier Monate begleiten.
Familie und Freunde waren vor Ort, um uns zu verabschieden. Nach einem letzten Bier in der Schweiz und einem kurzen Snack verabschiedeten wir uns von unseren Geliebten. Nach einigen verflossenen Tränen machten wir uns auf den Weg durch die Sicherheitskontrolle und bestiegen das Flugzeug nach Oslo. Voller Vorfreude nach der langen Planungsphase genossen wir den Flug in den hohen Norden und wunderten uns, wie sich wohl die ersten paar Tage der langen Reise anfühlen würden. Der Aufenthalt in Oslo war sehr kurzweilig und nach einem überteuerten heissen Panini war es schon wieder Zeit einzusteigen.
Um 18.30 Uhr landeten wir pünktlich in Tromsø und schon bald konnten wir unsere Räder entgegennehmen. Das Ausladen der Kartonschachteln beobachteten wir bereits aus dem kleinen Fenster des Flugzeugs und liess nichts Gutes vermuten. Die Schachteln sahen aus, als hätte diese jemand aus dem vierten Stock geworfen. Die Freude des Wiedersehens der überaschenderweise unversehrten Räder war von kurzer Dauer, da unser Gepäck aus unerklärlichen Gründen nicht ankam. Der Kundendienst nahm unser Problem speditiv auf und registrierte das vermisste Gepäck. Während uns versichert wurde, dass die Taschen am nächsten Tag direkt zu unserem Appartement geliefert werden, machten wir unsere Räder startklar und fuhren zur Unterkunft.
Mit den Fahrrädern erkundeten wir Tromsø mit seinen 75’000 Einwohnern und besuchten das Polarmuseum, welches interessante Fakten und Requisiten präsentiert. Danach erkundeten wir den lokalen Supermarkt und wurden Zeugen der hohen norwegischen Preise. Die Tickets für die Schifffahrt ergatterten wir uns im Infozentrum und kostete uns pro Person ungefähr 100 Schweizer Franken. Zurück im Appartement erfuhren wir, dass unser Gepäck tatsächlich bereits angekommen war und nichts fehlte. Dies half uns ruhiger zu werden und die letzten Tage vor der ersten Fahrradetappe zu geniessen.
Am Nationalfeiertag Norwegens sahen wir uns den bunten Umzug im Stadtzentrum, mit seinen traditionell gekleideten Besuchern, an und wurden Zeugen des norwegischen Patriotismus. Es gab fast keine Einheimischen ohne Flagge oder Tracht bzw. Anzug für die männlichen Besucher.
Nach überqueren der imposanten Brücke die das Festland mit Tromsø verbindet erreichten wir den Fuss des Fjellheisens wieder. Anstatt die Seilbahn zu benutzen (die aufgrund des Feiertages sowieso nicht in Betrieb war) wanderten wir zur Bergstation, um die wunderbare Aussicht auf Tromsø und die Umgebung zu geniessen. Zurück beim Appartement packten wir unsere Sachen zusammen und bestiegen das Schiff welches die Hurtigruten abfährt. Das luxuriös ausgestattete Schiff, inklusive Jacuzzi und Panoramabar, war auf jeden Fall grösser als erwartet. Nachdem die anderen Gäste, die eine Kabine gebucht haben, sich zur Ruhe setzten, ergatterten wir die Sofas um zu schlafen. Dank des hohen Alters der restlichen Gäste auf dem Schiff, kehrte im Barbereich schnell Ruhe ein und wir hatte keine Probleme einige Stunden zu schlafen.
Nach einer, durch den starken Wellengang erstaunlich erholsamen Nacht, stiegen wir in Honningsvag auf unsere Fahrräder und starteten die Reise zum Nordkapp. Endlich ging es los und wir waren alle voll motiviert und warm angezogen, da die Temperaturen nur wenig über dem Gefrierpunkt lagen. Ausserdem realisierten wir, dass nur schon die Anfahrt zum Nordkapp kein Zuckerschlecken sein wird. Auf den sehr hügeligen Strassen sahen wir die ersten wilden Rentiere und wurden Zeugen des nördlichen Windes. Alle drei waren froh, als wir die grosse weisse Kugel des Besucherzentrums am Nordkapp aus der Ferne zu Auge bekamen. Der letzte Teil der Anreise zum nördlichsten Punkt Europas war doch anstrengender als erwartet. Bei schönstem Wetter, inklusive Wind und kalter Temperaturen versteht sich, schossen wir das obligate Foto beim Globusmonument am Nordkap. Die Zelte waren aufgrund fehlender Schutzmöglichkeiten vollumfänglich dem Wind ausgesetzt und nur einige hundert Meter vom nördlichsten Punkt Norwegens entfernt. Am Abend genossen wir bei klarem Himmel die Mitternachtssonne, ein für uns prägendes Naturspektakel. Die nicht untergehende Sonne hatte zweifelsohne auch Auswirkungen auf unseren Schlafrhythmus. Dementsprechend speziell war unsere erste «Nacht» im Zelt am Nordkap. Der starke Wind, der an die Zeltwand peitschte, verbesserte unseren Schlafkomfort nicht besonders. Dies konnte jedoch unsere Reiselust für das kommende Abenteuer nicht trüben.