Angola

15. Februar – 11. März 2020:

Auf der angolanischen Seite herrschte ein ähnliches Chaos und wir waren froh das Immigrationsgebäude nach einem Tor zu sehen. Die freundlichen, mit ein wenig Englisch ausgerüsteten Beamten, erledigten die Arbeit effizient und wir durften sogar hinter dem Gebäude übernachten. Ein wenig später kam noch die Polizei und versuchte uns auf Portugiesisch zu erklären, dass sie ein Foto von uns brauchten, um dem Hauptquartier zu senden.  

Mit Händen und Füssen versuchten wir unser restliches Geld aus dem Kongo und ein paar Dollar in Angolanische Kwanzas zu tauschen. Zum Glück fanden wir in den meisten Dörfern jemanden der ein wenig Französisch sprach und uns mit der Kommunikation half. 

In jedem Dorf hielten die Leute den Daumen hoch und riefen „Amigo“. Vor allem die Kinder waren sehr energisch und rannten uns begeistert hinterher. Die meisten Fahrzeuge, die uns begegneten waren, umfunktionierte Motorräder mit einer Ladefläche, welche die Leute vom Feld zurück ins Dorf transportierte. Diese in Asien sehr beliebten und „Tuk Tuk“ genannten Transporter, waren lustigerweise mit „Keweseki“ angeschrieben. 

In der ersten Stadt kauften wir mit Mühe eine SIM-Karte und Internet. Nachdem wir nach der Grenze nochmals stückweise Piste fahren mussten, begleitete uns danach eine ziemlich gute Asphaltstrasse. Die hüglige Savannenlandschaft und die Hitze zehrten an unseren Kräften und schliesslich durften wir in einem noch nicht fertiggestellten Krankenhaus übernachten. 

Die einzigen zwei Männer des Dorfes die französisch sprachen, gaben sich alle Mühe und versorgten uns mit Früchten, Maniok und Zuckerrohr für das Frühstück. Ein paar Kinder hatten einen kleinen Vogel gefangen und hielten ihn als Haustier. Anfangs sagten wir noch witzelnd, dass der Vogel nicht alt wird, so wie ihn die Kinder behandelten. Eine Stunde später war der Vogel bereits tot und wir erfuhren, dass die Kinder den Vogel eigentlich nur gefangen hatten, um ihn zu verspeisen. 

Der Regen setzte ein und liess uns bei Abfahrten frieren, da die vielen steilen Hügel unsere Fahrräder enorm beschleunigten. Bis am Abend hörte der Regen nicht mehr auf und wir fragen ein paar Jungs, ob sie ein Plätzchen für uns hätten. Wir durften in ihrem kleinen Wohnzimmer übernachten. 

Leider bemerkte Adrian auf den letzten Kilometern, dass sein Freilauf wieder ab und zu durchdrehte und wir somit nicht mehr weit fahren konnten, bis der Antrieb komplett streiken würde. Immerhin kamen wir seit der letzten Reparatur 440km weiter. 

Am Morgen suchten wir einen Fahrradmechaniker im relativ grossen Dorf, um den Freilauf zu öffnen und eventuell zu reinigen, damit wir vielleicht wenigstens die Küste erreichen konnten. Als wir das Problem zum ersten Mal im Kongo hatten, kontaktierten wir bereits einige Fahrradmechaniker in Luanda, der Hauptstadt Angolas. Einer meinte, er fand bereits einen Ersatz und wir versuchten abzuklären, ob es möglich wäre, den zu uns schicken zu lassen. 

Schnell fanden wir heraus, dass es keinen Fahrradmechaniker gab im Dorf und ein paar Motorradmechaniker halfen uns den Freilauf erneut zu öffnen. Auch sie mussten ein Werkzeug zusammenbasteln und konnten schon nach kurzer Zeit das komplexe Teil öffnen. Wir reinigten das Innere des Freilaufs und optimierten die Anordnung der kleinen Kügelchen und Metallringe. 

Wie uns die talentierten Mechaniker auf Portugiesisch wahrscheinlich schon länger sagten, funktionierte der Antrieb nach dem Zusammenbauen wieder einwandfrei. Die Frage war nur für wie viele Kilometer. Schliesslich waren es immer noch über 400 km bis zur Hauptstadt. 

Somit nahmen wir die Strasse hinunter zur Küste in Angriff und kamen effizient vorwärts, trotz des späten Starts. Ein heftiges Gewitter zog auf und plötzlich regnete es wie aus Eimern. Wir waren innerhalb von ein paar Minuten klitschnass. Die Leute, die vom Feld zurückkehrten, waren trotz dem heftigen Regen bester Laune und grüssten uns jeweils mit einem riesigen Lachen. Manchmal erstaunt es uns schon, wie die Leute so glücklich sein können mit so wenig in ihrem Besitz. Nach einem Tag harter Arbeit auf dem Feld, kehren sie jeweils zurück in ihre schäbigen Blechhütten, die grösstenteils nicht einmal komplett wasserdicht sind und verbringen mit einem halbwegs funktionierenden Licht ihren Abend. 

 

Seit wir die Küste erreichten, ist die Luft feuchter, es hat wieder mehr Bäume und die Gegend ist noch weniger dicht besiedelt als vorher. Es war sehr schwierig etwas zu Essen zu finden und Wasser gab es nur aus dem Bach oder Regenwasser. Für uns überhaupt kein Problem, denn wir sind uns bereits an dieses Wasser gewöhnt. 

Die Landschaft wurde klar von den mächtigen Affenbrotbäumen (auch Baobabs) dominiert. An die hüglige und etwa zehn Meter breite Hauptstrasse Richtung Hauptstadt haben wir uns gerne und schnell gewöhnt nach den anspruchsvollen Pisten im Kongo. 

Nach einer unruhigen Nacht dank tausender Moskitos in und um unser Zelt, assen wir vier riesige Papayas und begaben uns auf die verlassene Strasse. Kaum auf der Strasse wurden wir wie die Tage zuvor von Dutzenden Bremsen attackiert, welche sich im Windschatten auf unsere Taschen setzten und uns von dort in den Rücken oder den Hintern zu stechen versuchten. Der jeweils vorne Fahrende hatte Glück, da er von hinten gewarnt wurde, wenn eine Bremse sich irgendwo setzte. 

Leider ging uns am Vortag die lokale Währung aus, da wir die Preise unterschätzten und wir suchten vehement nach einem Geldwechsler. Leider wollte niemand zu einem anständigen Schwarzmarktkurs wechseln und wir mussten etwa 90 km fahren mit nur dem kalorienarmen Frühstück im Bauch. 

Im stinkenden und staubigen Stadtverkehr kämpften wir uns auf der breitspurigen Hauptstrasse durch die Slums der Vorstadt und winkten den vielen Frauen und Kindern am Strassenrand zu. Die Leute leben in minimalen Bauten aus Abfall und müssen ihr Wasser mit Kanistern aus grosser Entfernung besorgen. 

Kurz darauf erblickten wir die immense Skyline der Grosstadt. Durch den Ölreichtum Angolas gibt es viele Wolkenkratzer und Investitionen. Das Geld fliesst, wie man es in ressourcenreichen Gegenden kennt, aber die Einkommensschere könnte nicht grösser sein. Am schön ausgebauten Ufer fuhren wir zum Segelclub „Club Naval“, wo Reisende gratis übernachten und duschen dürfen. Kurz nachdem wir das Zelt auf dem Parkplatz aufgestellt hatten, zog ein heftiger Sturm auf und der Abendhimmel färbte sich auf der ganzen Breite schwarz. Während Adrian sich duschte, erfasste eine Windböe das Zelt und eine Zeltstange brach an zwei Stellen. Der Regen setzte ein und Fabian konnte nur mit Mühe das klitschnasse Zelt festhalten bis Adrian zurück war, um das Material in einen geschützten Bereich zu bringen. Zum Glück bot uns der Besitzer einen Raum an für die Nacht, damit wir nicht im nassen Zelt schlafen mussten und dem starken Regen ausgesetzt waren. Auf dem Parkplatz lernten wir ein Holländisches und ein engländisches Pärchen kennen, welche per Fahrzeug den Kontinent bereisen und tauschten uns über unsere bisherigen Erfahrungen in Afrika aus. 

Wir verabschiedeten uns von den beiden Pärchen und fuhren entlang der Promenade zum ersten Fahrradladen. Gicate ist ein topmoderner Fahrradladen mit Sportkleidern, Luxusfahrrädern für mehrere Tausend Euro und einer perfekt ausgestatteten Werkstatt. Der sympathische Besitzer namens Nuno sah sich unsere Fahrräder an und erklärte seinem besten Mechaniker unsere Probleme. Der professionelle Ex-Radfahrer sah sofort, was alles nicht stimmte, und nahm beide Fahrräder Schritt für Schritt auseinander, reinigte gewisse Teile und ersetzte ein Kugellager bei der vorderen Nabe und den Freilauf, der uns schon länger Sorgen bereitete. Wir waren schon länger in Kontakt mit Nuno und sein Mechaniker hielt schon seit einer Woche Ausschau für das kleine schwer zu findende Teil und fand wirklich eines. 

Dies dauerte fast den ganzen Tag und der nette, ruhige Mechaniker arbeitete ohne Pause an unseren Fahrrädern, bis die meisten Problemchen behoben waren. Nuno verrechnete uns einen Minimalpreis, der eher einem Trinkgeld glich und wünschte uns eine gute Reise. Kurz vor dem Verlassen des Lokals wechselte uns ein freundlicher Kunde sogar noch Dollar in die lokale Währung (Kwanza) für einen super Kurs. 

Etwa fünfzehn Kilometer südlich besuchten wir einen zweiten Fahrradladen mit dem Namen Link Connection und wurden enthusiastisch empfangen. Sofort wurden Fotos mit uns geschossen und wir wurden gefeiert, als wären wir bereits in Kapstadt angekommen. Die begeisterten Radfahrer schenkten uns je ein Trikot und ein paar Socken mit der Aufschrift des Fahrradladens. 

Wenig später erreichten wir die Residenz des Lehrerpaares Mags und David, welche wir über Warmshowers kontaktierten. Die zuvorkommenden Globetrotter kochten ein leckeres Nicht-Afrikanisches Gericht für uns. 

Wir genossen den Luxus einer Klimaanlage, eines Sofas und einer Dusche einmal mehr und führten interessante Gespräche mit dem weitgereisten Pärchen. Die beiden arbeiteten bereits in einigen internationalen Schulen im asiatischen Raum und sind bereits acht Jahre in Angola. Bald nehmen die Fahrradbegeisterten eine einjährige Auszeit, um Südamerika mit dem Fahrrad zu erkunden. 

Einmal erkundeten wir zusammen mit Bruce, einem Lehrerfreund, ein hippes, lokales Restaurant und an einem anderen Abend schauten wir einen Film in der gemütlichen Wohnung. Der Schulcampus bietet einen Pool, einen Tennisplatz und eine grosszügige Bibliothek. 

Bereits ein paar Tage zuvor kam ein neues Solarpanel inklusive Batterie per Post in Angola an, grosszügigerweise gesponsert von unserem gemeinsamen Freund Tinu. Das vorherige Panel gab seinen Geist leider in Guinea auf. 

Trotz guter Kost und sauberem Trinkwasser bekam Adrian starke Bauchschmerzen und hatte fast keinen Appetit. Normalerweise gingen diese Beschwerden nach einigen Tagen unbehandelt wieder weg und somit warteten wir ab. 

In einem topmodernen Computerlabor konnten wir zu unserer grossen Überraschung die Speicherkarte des kaputten Laptops auslesen. Fernanda, die nette Abteilungsleiterin verrechnete uns nicht einmal etwas und war überglücklich uns in dieser Notlage helfen zu können. 

Begleitet von David und Mags fuhren wir entlang der Hauptstrasse südlich aus der Grossstadt. Die beiden begeisterten Biker verliessen uns nach einer Weile und fuhren auf anspruchsvolleren Pfaden zurück. 

Trotz Adrians Bauchschmerzen kamen wir einigermassen gut vorwärts. In einem kleinen Restaurant sahen wir plötzlich einen Tourenfahrer und hielten an, um hallo zu sagen. Der 70-jährige Henk machte gerade ein Nickerchen und war ziemlich überrascht zwei weisse Radfahrer zu sehen, als er aufwachte. Der topfitte Holländer startete in Marokko und hatte ebenfalls Südafrika als Ziel. 

Wir unterhielten uns eine Weile und setzten diese Gespräche in einem anderen Restaurant fort. Die Zeit flog und wir mussten unbedingt weiter, da wir alle drei das Resort „Carpe Diem“ erreichen wollten. Bis dahin waren es noch 50 km und wir mussten uns beeilen, um vor der Dunkelheit anzukommen. Nachdem wir den mächtigen Kwanza-Fluss überquerten, fuhren wir voraus und erreichten nach einigen Hügeln endlich das Resort. Nach Einbruch der Dunkelheit erreichte auch Henk das Ziel. Der humorvolle und grosszügige Besitzer zeigte uns, wo wir das Zelt aufstellen konnten, bot uns eine Suppe und eine Dusche an. 

Paulo lud uns ein das Frühstücksbuffet zu nutzen und wir schlugen so richtig zu. Es gab alles, was sich drei hungrige Radfahrer wünschten. Am Nachmittag entspannten wir am wunderschönen Sandstrand und Paulo zeigte uns den drei Kilometer entfernten Surfstrand inklusive Bar. Am selben Ort auf einem Hügel begann er mit dem Bau einiger Ökohäuser mit wunderbarer Aussicht auf den Strand. Der gescheite Ingenieur weiss genau, was sich die Touristen wünschen, und erfüllt mit den Unterkünften aus lokalen Materialien ebenfalls seine eigenen Träume. 

Der Karneval und somit das verlängerte Wochenende waren wieder vorbei und aus diesem Grund leerte sich über Nacht auch das Resort. Adrians Magenbeschwerden hielten ihn die halbe Nacht auf Trab und somit waren seine Energiereserven noch tiefer als bei der Ankunft. Trotzdem versuchten wir ein paar Kilometer zu strampeln. Fabian übernahm vorne das Zepter und dank dem flachen Terrain und nur Wind von der Seite, kamen wir erstaunlich gut vorwärts. 

Nach etwa eineinhalb Stunden holten wir Henk auf, der gerade einen Platten reparierte. Die Gegend wurde definitiv immer trockener und immer mehr Kakteen und dornige Büsche zierten die Landschaft. 

Von Bas, einem holländischen Tourenfahrer, bekamen wir die Telefonnummer eines Bauern auf unserem Weg und durften dort übernachten. Henk erreichte den Bauernhof kurz vor der Dunkelheit und wir teilten unsere ergatterten Lebensmittel. 

Das moskitoreiche, sumpfige Tal liessen wir hinter uns und erreichten zur Mittagszeit die erste wirkliche Stadt seit Luanda. Wir assen einen grossen Teller Reis mit lokalem Fisch. Die Sonne hat hier so viel Kraft, dass unser Solarpanel im Nu vollgeladen war. 

Die Gegend wurde wieder hügliger und in der weiten Ferne erblickten wir bereits die hohen Berge, welche uns in ein paar Tagen erwarteten. An einem Strassenstand kauften wir uns leckere Ananas, Bananen und Karotten, um die leeren Speicher wieder aufzufüllen. Henk wollte nicht so weit fahren wie wir und somit trennten, sich unsere Wege wieder. 

Seit wir Luanda verliessen, fiel uns auf, dass die landwirtschaftlichen Flächen professioneller und systematischer bewirtschaftetet wurden. Dies liegt daran das Grossgrundbesitzer Leute anstellen, welche die Felder betreiben. Meistens sahen wir Mais- oder Kartoffelfelder. 

Immer wieder mussten wir steile Hügel erklimmen. Danach führte uns die Strasse in das nächste Tal und wir hatten jeweils eine schöne Aussicht auf das Meer und die steil ins Wasser abfallenden Klippen. Angola ist ausserdem bekannt für seine zahlreichen und wunderschönen Sandstrände. 

Bald verliessen wir die Küste und fuhren ein wenig landeinwärts und näherten uns der Bergkette. Schöne Felsformationen waren ersichtlich und wir genossen diese willkommene Abwechslung. In den winzigen Dörfern strahlten jeweils die freundlichen Einheimischen und schenkten uns ein riesiges Lächeln. 

Nach einer eher kalten Nacht setzen wir die Fahrt in den Hügeln fort. Es ging hoch und runter im Minutentakt und unsere bereits müden Beine signalisierten, dass sie eine Pause nötig hätten. Die Luft wurde spürbar trockener und gleichzeitig änderte sich auch das Landschaftsbild. Die Szenerie erinnerte uns an Südspanien oder Marokko.  

Trotz starkem Wind erreichten wir Lobito und somit die Küste. Danach ging es 40km flach an der Küste entlang, bis wir die Grossstadt Benguela erreichten. Dort hatten wir uns mit Mario verabredet, ein Bekannter von David und Mags, welche wir in Luanda kennengelernt hatten. Er lud uns zum Essen ein und wir durften uns in seinem Gästehaus einrichten. Am Abend sahen wir uns den Sonnenuntergang von einem wunderschönen Aussichtspunkt an. Danach kochte Mario und seine Freundin ein leckeres Nachtessen für uns und wir feierten die Überschreitung der 30‘000km Marke und das definitive Ende von Adrians Magenproblemen. 

Der energetische Südafrikaner ging frühmorgens mit Fabian Speerfischen am nahegelegenen Strand. Danach musste Adrian zum Zahnarzt, da er seit Monaten Beschwerden hatte beim Essen und diese immer mehr zunahmen. Der einheimische Zahnarzt sprach kein Wort Englisch und mit Hilfe einer Übersetzerin klappte die Kommunikation mehr oder weniger. Der Arzt sah das Loch sofort und flickte es gleich. Amüsant war die Assistentin, welche die ganze Zeit ihr Baby auf dem Rücken trug, typisch afrikanisch halt. Nachdem die Betäubung nachliess, verspürte Adrian noch mehr Schmerzen beim Essen als vorher und war deswegen beunruhigt.  

Am Nachmittag erreichte auch Henk Benguela und gesellte sich dank Marios Grosszügigkeit zu uns. Er fand im Anbau des Gästehauses ein Zimmer. Am Abend lud uns Mario alle zu einem leckeren, lokalen Abendessen ein und zeigte uns eine Fischverarbeitungsanlage seiner Firma. 

Mario lebt in einer riesigen Villa und in der Nähe leben Einheimische in selbstgebauten Metallbaracken. Diese Gegensätze sind in Angola sehr präsent und man sieht sie jeden Tag. Neben den topmodernen Einkaufszentren aus Südafrika sieht man teure Autos, schicke Restaurants und pompöse Regierungsgebäude. Leider geniessen diesen Luxus nur ein paar Wenige der Gesamtbevölkerung. 

Immerhin scheint der Unterschied zwischen den Weissen und den Schwarzen in Angola weniger extrem auf der menschlichen Ebene. Die Portugiesen haben sich zur Zeit der Kolonialisierung mehr mit der einheimischen Bevölkerung vermischt und darum gibt es viele „weisse“ Angolaner. Dies haben wir in den Anglophonen und Frankophonen Ländern Afrikas nie gesehen und Weisse wurden dort wie Leute einer anderen Klasse behandelt. 

Nach einem erneuten Besuch beim selben Zahnarzt, waren die Schmerzen mehr oder weniger weg. Er schliff ein wenig von der eingesetzten Masse ab, damit beim Zusammenbeissen die Zähnepaare besser aufeinanderpassten. 

Danach fuhren wir in Richtung Berge, denn es erwartete uns ein Höhengewinn von etwa 1800m auf den nächsten 350km. Die letzten Tage sind wir ziemlich direkt südlich gefahren, aber nun führte uns die Strasse wieder weg von der Küste ins Inland. Zu Beginn war die Landschaft wüstenartig und extrem trocken. Bald zierten stachelige Büsche die Landschaft und der Wind wurde stärker. Nach einer längeren Abfahrt konnten wir vom Wind profitieren und kamen effizient vorwärts. 

Felsige Berge umringten uns und die Gegend wurde immer grüner und somit waren immer mehr Bäume rechts und links von der Strasse zu sehen. Viele Rinder- und Ziegenherden liefen neben der Strasse, angetrieben von Kinderhirten. An vielen Orten wurde mit Zucker versetzte Milch in grossen Plastikflaschen verkauft. 

Eine Frau, welche einen kleinen Ramschladen führte, verstand unser Bedürfnis und füllte unseren Topf mit einem aufgewärmten Gericht. Nachdem wir eine Umfahrung aus Faulheit nicht nahmen, mussten wir unsere Fahrräder über eine eingestürzte Brücke tragen. 

Die Distanzen zwischen den Städten sind in Angola meistens um die 60km oder mehr. Somit mussten wir uns jeweils gut überlegen wie viel wir essen wollten bzw. welche Snacks wir auf den Weg mitnahmen. An der Strasse verkauften die Frauen nur Milch, Kohlesäcke oder riesige gebratene Fleischstücke. 

Obwohl Angola nach Südafrika und Nigeria die drittgrösste Volkswirtschaft in Subsahara-Afrika hat, leben ein grosser Teil der Bevölkerung in Armut. Vor allem in den Dörfern leben die Leute einfach und bauen ihre Hütten aus Naturmaterialien. 

Nach einer ruhigen Nacht nahmen wir die steilen Hügel wieder in Angriff und holten schon bald Henk ein. Beeindruckend wie er dieselben Distanzen fuhr in seinem Alter. Immerhin absolvierten wir die letzten zwei Tage je 120km mit vielen Höhenmetern! 

Nachdem wir eine Höhe von über 1500 m erreichten, wurde das Terrain wieder flacher und grosse Maisfelder lösten die sporadischen Rohrzuckerplantagen ab. Plötzlich hupte ein Allradfahrzeug mehrmals und zwei Jungs winkten uns lachend zu. Die zwei Rumänen waren im Februar zuhause losgefahren und möchten in total 45 Tagen in Kapstadt ankommen. Nach einer kurzen Unterhaltung bekamen wir sogar noch leckere Würste aus Rumänien geschenkt. 

In den letzten Nächten waren unsere Schlafsäcke seit langem wieder mal praktisch. Die Luft war morgens noch angenehm frisch und generell viel trockner als noch die letzten Wochen. Schnell erreichten wir Lubango und somit die letzte Grossstadt vor der namibischen Grenze. 

Eigentlich hatten wir einen Angolaner, der uns über Couchsurfing bei sich aufnehmen wollte, aber leider hat der weltweit für Aufregung sorgende Virus ihn eingeschüchtert und somit wollte er keine zusätzlichen Leute in seinem Zuhause. Mario empfahl uns bei einer Englischschule vorbeizugehen, um dort eventuell jemanden zu finden der uns für ein paar Nächte aufnehmen möchte. Prompt lernten wir den Sohn des Gründers der Schule kennen und dieser meinte wir könnten gerne bei seiner Mutter unterkommen. Ein wenig abseits der Stadt wurden wir herzlich von Janet empfangen und bekamen sogar unser eigenes Zimmer mit Bett. 

Ein Highlight Angolas ist der Leba Pass, der ein wenig ausserhalb der Stadt über 1000m abfällt. Die Strasse enthält mehrere Haarnadelkurven und erinnerte uns an einen Schweizer Bergpass. Die Aussicht und die imposanten Klippen beeindruckten uns sofort. Auf dem Hinweg zeigte uns ein Freund von Janet ein modernes Spital, welches von der katholischen Kirche unterstützt wird. Es war überhaupt kein Problem per Autostopp zum Pass zu kommen und wieder zurück in die Stadt. 

Am Abend wurden wir von der Missionarsgemeinschaft, welche grösstenteils im Spital arbeitet, zu einem geselligen Abendessen eingeladen. Wir standen natürlich im Mittelpunkt, da uns noch niemand kannte und alle unsere Reise interessierte. 

Der 82-jährige Onkel Steve versprach uns den Aussichtspunkt „Tundavala“ zu zeigen. Der energetische und immer noch aktive Augenchirurg holte uns mit seinem klapprigen Jeep ab und fuhr uns zu der imposanten Felswand. Ausserdem war Gordon, ein kanadischer Zahnarzt dabei. Die abfallenden Klippen und die Weitsicht waren definitiv ein Highlight unserer Reise. Bei der Rückfahrt schauten wir uns einen Wasserfall an und eine Schweizer Käserei. Gordon, der vor vielen Jahren selber Europa mit dem Fahrrad bereiste, kaufte uns einen Käse und eine Wurst. 

Das riesige Haus, in welches Janet seit zwanzig Jahren ihre Energie investiert, ist zwar noch nicht fertig gebaut, aber die Aussicht ist definitiv einzigartig. Mit viel Liebe zum Detail hat die talentierte Frau beispielsweise den Boden verziert. 

Nach einem ausgiebigen Frühstück inklusive Tilsiterkäse, verliessen wir die Stadt und näherten uns der Grenze zu Namibia. Tendenziell verloren wir an Höhe und kamen trotz heftigem Wind gut vorwärts. 

Langsam verschwanden die Berge und nur noch ab und zu tauchten Felsformationen auf. In einer Bar durften wir die mitgebrachten Spaghetti kochen und ein angetrunkener Mitarbeiter half uns dabei. Die heiteren Männer und Frauen freuten sich über unsere Anwesenheit, aber leider war die Kommunikation extrem schwierig, da wir auch nach fast einem Monat noch nicht viele Wörter auf Portugiesisch kannten. 

Zu unserer Überraschung fuhren wir an vielen Granitabbaustellen vorbei. Die Hügel verschwanden zunehmend und immer mehr Hirten beobachteten ihre Tiere. Meistens waren es Kinder in zerrissenen Klamotten und schmutzigen Gesichtern. 

Plötzlich sahen wir von Weitem einen Fahrradfahrer entgegenkommen. Wir wussten bereits, dass es sich um Francis aus Belgien handelte, da wir mit ihm schon länger im Kontakt waren. Der sympathische und sprachaffine Abenteurer startete vor über 2.5 Jahren und bereiste bereits Asien, Australien und Ostafrika mit dem Fahrrad. 

Während Fabian seinen Platten Vorderreifen reparierte, kaufte Adrian eine Wassermelone von einer vorbeigehenden Frau. Kurz darauf kam eine junge Frau und interessierte sich für uns. Wir finden das jeweils sehr mutig, dass die jungen Afrikaner sich zu uns gesellen und Fragen stellen. 

Aufgrund der vielen Niederschläge, sind vor etwa einer Woche alle Flüsse über die Ufer getreten und viele Dörfer und Wiesen standen unter Wasser. Letztes Jahr gab es überhaupt keinen Regen und dieses Jahr folgte eine Überschwemmung der anderen. Die schlechten Häuser, welche aus Holz, Dreck oder Wellblech gebaut wurden, sind definitiv nicht für solche Wassermassen konstruiert. 

Eine Freundin von Janet lud uns ein bei ihr zu übernachten in der Grenzstadt zu Namibia. Jackie, eine ausgewanderte Engländerin, erzählte uns von dem 30-jährigen Bürgerkrieg und den Schwierigkeiten im Angolanischen Alltag. Bereits auf dem Weg sahen wir viele verrostete Panzer und Militärfahrzeuge aus dieser Zeit. 

Jackie und ihr Mann Tomas offerierten uns sogar je ein Hotelzimmer mit Abendessen und Frühstück. Wir waren völlig überrascht und genossen den unerwarteten Luxus in vollen Zügen. 

Nach einer erholsamen Nacht im klimatisierten Zimmer, verabschiedeten wir uns vom zuvorkommenden Pärchen und pedalten in Richtung Grenze. An der Grenze kauften wir viele Snacks mit unserem Restgeld und holten uns den Ausreisestempel. 

Angola ist ein sehr abwechslungsreiches Land. Leider war die Kommunikation wirklich eine Herausforderung. Trotzdem hatten wir zahlreiche herzerwärmende Begegnungen. Die landschaftliche Vielfalt überraschte uns positiv und wir können uns vorstellen, dass Angola der Tourismus in Angola zukünftig zunehmen wird.  

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