Sierra Leone

21. Mai 2019 – 21. Juni 2019:

Nachdem wir den Fluss mit dem Einbaum überquert hatten, wurden wir auf der anderen Seite freundlich auf Englisch empfangen. Die beiden Militaristen auf der Sierra-Leonischen Seite registrierten uns und sagten uns, wo wir den Einreisestempel bekämen.

Wir erwarteten nach der Grenze eine von Fahrzeugen befahrenen Piste, welche stetig besser wird. Leider hatten wir uns da getäuscht, denn die Grenze konnte nur von Motorrädern und Fussgänger überquert werden. Ausserdem war die Strasse zum Teil so steil und ausgewaschen, dass wir unsere Fahrräder stossen mussten. Gewisse Steigungen übertrafen die 40%-Marke und waren für uns somit unmöglich zu fahren.

Die Piste führte uns durch dichten, feuchten Regenwald und kleinen Dörfer ohne Elektrizität. Die Leute waren im Vergleich zu Guinea eher zurückhaltend, grüssten jedoch immer freundlich. Immer wieder fragten wir, wo wir den Einreisestempel bekommen und niemand konnte uns wirklich weiterhelfen. Schliesslich waren wir «offiziell» aus Guinea ausgereist, jedoch noch nicht offiziell in Sierra Leone angekommen.

Ein grösseres Dorf erreichten wir nach einem langen und extrem steilen Anstieg. Dort fragen wir bei der Polizeistation ob wir uns ein wenig ausruhen können, was überhaupt kein Problem darstellte. Die netten Polizisten gaben uns etwas zu essen, zeigten uns das lokale, moderne Gesundheitszentrum und organisierten Wasser, damit wir uns waschen konnten. Da wir erschöpft waren, stellten wir unser Zelt vor der Polizeistation auf, was überhaupt kein Problem war.

In der Nacht zog das stärkste Gewitter, das wir bisher auf der Reise erlebten, über das Bergdorf hinweg. Es regnete wie wild für über eine Stunde und wurde von heftigen Blitzen und Donner begleitet. Zum Glück hatten wir unser Zelt unter dem schützenden Dach aufgestellt.

Geweckt wurden wir vom Radio des Polizeiinspektors und den vielen Leuten des lebendigen Dorfes. Unsere Beine waren froh, dass wir weniger steile und lange Hügel als am Vortag überqueren mussten und tendenziell verloren wir an Höhe. Nach etwa 40 Kilometern sahen wir von Weitem schon den Anfang einer neuen asphaltierten Strasse. Der radikale Unterschied der Strassenqualität ist jedes Mal wieder überraschend. In Koidu konnten wir ohne grössere Probleme SIM-Karten kaufen, Geld wechseln und unseren Einreisestempel besorgen. Nach einem kurzen Aufenthalt auf dem «Highway» entschieden wir uns einer Inlandstrasse zu folgen, um den nördlichen Teil des Landes zu entdecken. Hungrig erreichen wir ein grösseres Dorf, verpflegten uns und der Chef des Dorfes organisierte ein Zimmer für uns.

Der Neffe des Dorfchefs erzählte uns, dass er in einer kleinen Grube nach Diamanten suchte. Wir fragten sofort ob wir uns das anschauen durften, da Sierra Leone bekannt für seine riesigen Diamantenvorkommen ist. Alle DiCaprio Fans kennen bestimmt den Spielfilm «Blood Diamond». Ein Dutzend Männer hoben eine kleine Grube von Hand aus. Nachdem das ganze Wasser abgepumpt ist, fangen sie an die Erde zu sieben und hoffen einen der wertvollen Steine zu finden.

Die Strapazen, die wir bis nach Yomadu durchmachten, bewegten uns dazu nicht weiter in Richtung Inland zu fahren, sondern auf einem anderen Weg zurück auf die Hauptstrasse zu radeln. Dieser Weg präsentierte sich als wahre Herausforderung, denn es gab Teilstrecken die so steil waren, dass wir unsere Fahrräder nur mit aller Kraft hochschieben konnten. Immerhin führte uns der schmale Weg durch wunderschöne Waldabschnitte und kleine Dörfer.

An der Kreuzung stärkten wir uns für die Weiterfahrt und waren froh wieder Asphalt unter den Rädern zu spüren. Bevor wir neben einem kleinen Garten einen Schlafplatz fanden, fragten wir im Dorf vorher ob sie Zucker für uns haben. Wir bekamen den Zucker und die Information, dass alle die 25 Kinder die um uns herumstanden, von einem Mann gezeugt wurden. Immerhin mit vier verschiedenen Frauen, aber trotzdem eine nicht zu unterschätzende Leistung.

Eines Morgens kam ein singender, älterer Herr auf einem Fahrrad zum Garten, direkt neben unserem Zelt und pflegte seine Setzlinge. Wir kauften ihm eine frisch geerntete Ananas ab für unser Frühstück und er schenkte uns gleich noch eine dazu. Schlussendlich bedankte er sich auch noch dafür!

Viele Leute liefen mit Töpfen, landwirtschaftlichen Geräten und Holz auf dem Kopf der Strasse entlang. Die Babys waren wie üblich auf dem Rücken der Mutter, meistens schlafend. Ein interessantes Bild, wenn man auf einer brandneuen Asphaltstrasse fährt, aber fast kein Verkehr vorhanden ist und die meisten Leute bewegen sich zu Fuss fort. Wir sahen einige Mienen direkt am Strassenrand und hielten schlussendlich bei einer kleineren Goldmiene, um zu sehen welche Technik die Einheimischen benutzten.

In Makeni angekommen, suchten wir ein Spital auf, welches mit Hilfe Schweizer Fördergelder aufgebaut wurde. Unser Fahrradfreund Jörg, der im Moment bereits in der Elfenbeinküste unterwegs ist, gab uns den Tipp hier vorbeizuschauen. Der freundliche Pastor kam sofort von seinem Zuhause und holte uns ab. Er lud uns direkt ein, bei ihm im Haus zu übernachten und mit ihm zu essen. Wir unterhielten uns den ganzen Nachmittag über Land und Leute und er schilderte uns die aktuelle Situation in seiner Nachbarschaft.

Nach einem typisch einheimischen Frühstück, welches aus einer scharfen Sauce mit gekochten Süsskartoffelblätter und Reis bestand, besuchten wir das Spital. Unter der Führung von Joseph besichtigten wir die grosszügig ausgebauten Spitalgebäude. Wir sprachen mit den qualifizierten Verantwortlichen über die typischen Herausforderungen in einem Entwicklungsland wie Sierra Leone. Zu diesen gehören beispielsweise die HIV-Infektion, Kindersterblichkeit, Mangelernährung, Tuberkulose, Typhus und natürlich die schwierige Wartung der älteren Geräte, die im feuchten Klima extrem gefordert werden. Bei einer Promenade durch umliegende Dörfer lernten wir mehrere Leute mit fortgeschrittenen Krankheiten wie Tumore und Brüchen kennen, die sich die für unsere Verhältnisse günstige Operation traurigerweise nicht leisten können. Ausserdem besichtigten wir ein Heim und eine Schule für Waisenkinder. Diese süssen Kinder verloren beide Elternteile durch die zerstörerische Krankheit Ebola.

Den lauten, lebendigen und chaotischen Markt in der Innenstadt Makenis gefiel uns sehr. Wir liefen für einige Zeit in den engen Gassen, die vom Regen durchnässt waren und muffig rochen. Joseph stellte uns viele seiner Freunde vor und wir durften viele interessante Fragen beantworten. Ein Bäcker schenkte uns sogar einige Brote, da er so begeistert war von unserer Reise.

Der zuvorkommende Pastor begleitete uns mit seinem Fahrrad bis zum Stadtausgang. Die Landschaft wurde sehr flach und viele grüne Wiesen oder landwirtschaftliche Flächen waren zu sehen. Bald erreichten wir Lunsar, eine vom Eisenerzabbau geprägte Stadt, bei welcher wir einen Fahrradmechaniker fanden. Der professionelle und freundliche Karim erzählte uns von seinem Projekt und begeisterte uns sofort mit seinen Visionen. Er organisiert sich gebrauchte Fahrräder aus Europa und Amerika, welche er repariert und pflegt. Danach verkauft er einen Teil und den Anderen schenkt er Studenten, die einen langen Schulweg haben. Ausserdem lernt er Mädchen das Fahrradfahren und bringt Jugendlichen bei, wie man ein Fahrrad pflegt und flickt.

In Makeni merkten wir, dass beide unsere Hinterräder einen Riss aufwiesen, dort wo die Speichen am Laufrad befestigt sind. Dieses Problem hatten wir bereits in Toulouse und konnten damals die Räder glücklicherweise auf Garantie ersetzen. Karim suchte lange und fand schlussendlich ein passendes Laufrad. Er nahm sich sogar die Mühe die Nabe inklusive aller Speichen im neuen Laufrad zu installieren.

Zufälligerweise trafen wir den Deutschen Tourenfahrer Nico, der in dieselbe Richtung fährt und wir durften alle bei Karim übernachten. Am Abend tauschten wir unsere Erfahrungen bei einem Bier und leckerem Essen aus und schauten Fussball.

Karim kochte Rührei mit Zwiebeln für uns und wir genossen die Gastfreundschaft der netten Fahrradfans. Nachdem wir noch einige Dinge bei ihm kauften, radelten wir in Richtung Freetown, der Hauptstadt des Landes. Seit längerer Zeit fuhren wir wiedermal mit einem anderen Tourenfahrer und diese Abwechslung war auf jeden Fall willkommen.

Gemeinsam mit Nico fuhren wir der hügligen Halbinsel, auf der Freetown liegt, entgegen. Schwarze Gewitterwolken zierten den Himmel und der Regen erwischte uns in einem ungünstigen Moment. Bis wir einen Unterstand fanden, waren wir schon ziemlich nass und der Regen liess auch schon wieder nach.

Danach fuhren wir zu einem Bilderbuchstrand der aufgrund fehlender Infrastruktur nur von wenigen Touristen besucht wird. Wir wurden von freundlichen Einheimischen in einem bereits angeheiterten Zustand empfangen und gönnten uns ein kaltes Bier. Danach wurde uns ein Platz für die Nacht, direkt am Strand gezeigt wo wir entspannten und die kühle Brise genossen.

Ausgeschlafen verabschiedeten wir uns bei den netten Dorfbewohnern, welche bereits wieder in bester Bierlaune waren. Nach einem kurzen Abschnitt Piste mit vielen wassergefüllten Löchern, kamen wir wieder zurück auf die Asphaltstrasse. Nico entschied sich bereits heute nach Freetown zu radeln und wir suchten uns einen Platz für die Nacht. Die überteuerten Touristenstrände der Gegend kamen nicht in Frage und somit fanden wir einen Platz neben einer selten befahrenen Strasse. In der Nähe befand sich ein kleiner Bach in welchem wir uns sogar waschen konnten.

Kurz vor Mitternacht hielt ein Lastwagen neben unserem Zelt und die Männer teilten uns mit, dass wir sofort den Platz räumen mussten. Bevor wir unser Zelt aufstellten, fragten wir einen Sicherheitsangestellten, ob es möglich ist hier zu übernachten. Die kleine Strasse an welcher wir uns befanden, führte nämlich zu einem Staudamm und das war der Grund warum uns die unfreundlichen Männer wegschickten. Als wir uns weigerten, kamen noch mehr Leute und zwei kräftige Männer in Militäruniform. Schlussendlich verschoben wir unser ganzes Material einige hundert Meter weg von diesem Privatgelände, damit wir endlich schlafen konnten.

Von starken Windböen wurden wir geweckt und sogleich mussten wir das Zelt festhalten, damit es uns nicht um die Ohren flog. Als wir in der Nacht das Zelt verschoben, hatten wir natürlich die Ecken des Zeltes nicht befestigt. Um die Mittagszeit entschieden wir uns, alles Material einzupacken und später in Freetown zu trocknen.

In Freetown angekommen warteten wir bei einer netten und süssen Familie auf unseren Warmshowers Gastgeber John. Der junge, aufgestellte Kanadier empfing uns freundlich und teilte uns gleich mit, dass wir von Phil und Shantelle zum Abendessen eingeladen wurden. Diese trafen wir zufälligerweise am Morgen kurz vor unserer Weiterreise an unserem ungünstigen Schlafplatz. Die kulinarische Abwechslung und interessanten Gespräche zeigten einmal mehr die grossartige Gastfreundschaft, die wir immer wieder erleben dürfen.

Fabian fühlte sich seit der Ankunft in Freetown nicht gut und seine Körpertemperatur stieg allmählich. Aufgrund des extrem hohen Risikos in diesen Ländern an Malaria zu erkranken, startete Fabian gleich am ersten Tag des Fiebers eine Malariatherapie. Nach einem Tag schliesslich liess er sich im nahegelegenen Spital sogar gratis auf Malaria testen. Für den häufigsten Malariastamm «Plasmodium Falciparum» gibt es einen Schnelltest, da über 70% der Malariaerkrankungen auf diesen Stamm zurückzuführen sind. Tatsächlich bestätigte der Schnelltest und der später detailliertere Blutuntersuch diesen Typ. Nach drei Tagen Behandlung fühlte sich Fabian bereits besser und war wieder bereit weiterzufahren.

Der Ramadan war fertig und darum arbeitete niemand in Freetown. John schlug vor zum Bureh Strand zu fahren, einer der schönsten Strände in Sierra Leone, wenn nicht sogar in ganz Westafrika. Leider regnete es ab und zu, aber wir liessen uns deswegen das Baden nicht entgehen. Wir entspannten am wunderschönen Strand, bevor wir mit Johns Auto wieder zurück in die Stadt fuhren.

Freetown ist eine der wenigen afrikanischen Städte, welche viele schöne, saubere Strände besitzt. An einer dieser Strände assen wir eines Abends gegrilltes Hühnchen mit Pommes und genossen die frische Meeresbrise. Während der Woche in Freetown genossen wir den Luxus eines eigenen Bettes, einer warmen Dusche, Sofas und einer Waschmaschine. Einige Male kochten wir in der spärlich ausgestatteten Küche, um etwas Abwechslung in unsere Ernährung zu bringen. Im Gegensatz verfügen leider 95% der Einwohner Freetowns über keinen Zugang zu Trinkwasser oder sind an Abwassersysteme angeschlossen.

1787 wurde das Gebiet um Freetown von ehemaligen Sklaven aus England, Kanada und den USA besiedelt. Im 19. Jahrhundert war Freetown die Hauptstadt von Britisch-Westafrika. Darum ist Englisch Amtssprache und die Leute messen Distanzen in Meilen.

Am Freitagabend besuchten wir eine Freundin Johns und lernten mehrere interessante Expats aus verschiedenen Ländern kennen und besuchten eine lokale Disco zusammen. Die einheimischen Leute im «China House» waren eher älter, aber tanzten wie 20-jährige und waren sehr offen und wir hatten einen lustigen Abend.

Für Liberia und Elfenbeinküste brauchen wir ein Visum und dachten uns gleich beide in Freetown zu beantragen. Dies funktionierte auch relativ speditiv, war jedoch teurer als erwartet. Für ein dreimonatiges Visum für Liberia bezahlten wir je 100 CHF und für das Visum für die Elfenbeinküste 85 CHF.

Auf der Suche nach einem neuen Laufrad für Fabian erkundeten wir die hügelige Stadt. Nachdem wir den lebendigen Markt durchquert hatten, fanden wir den uns empfohlenen Fahrradladen. Für unglaubliche 15 US Dollar konnte Fabian ein neues Laufrad inklusive der ganzen Arbeit kaufen. Der Fahrradmechaniker musste wie bereits bei Adrian alle Speichen im neuen Laufrad installieren, da er keine passende Nabe fand.

Alleine in der letzten Woche hat die Niederschlagsmenge deutlich zugenommen und wir wunderten uns bereits wie viel mehr es noch regnen kann. Leider sind wir noch weit weg von den Niederschlagsreichsten Monaten Juli und August. Alleine im August kann es in Sierra Leone so viel regnen wie in der Schweiz während dem gesamten Jahr.

Freetown-Grenze Liberia:

Leider brach vor zwei Tagen bei Nico ebenfalls das Malariafieber aus. Darum entschieden wir uns ohne ihn weiterzufahren. Wir verabschiedeten uns bei Nico und natürlich unserem tollen, energetischen Gastgeber John. Bei der Familie, bei der wir nach unserer Ankunft gewartet hatten und die letzten Tage immer einkauften, verabschiedeten wir uns ebenfalls. Die Frau arbeitet unermüdlich sieben Tage die Woche von 7 Uhr bis 23 Uhr in ihrem Laden und die Kinder sind, ausser sie besuchen die Schule, immer bei ihr.

Am Tag zuvor sind wir nicht losgefahren aufgrund des heftigen Regens in den Morgenstunden. Heute fing es an zur regnen, kaum waren wir losgefahren. Nach zwei Kilometern bemerkte Fabian, dass sein Reifen platt war und wir stoppten bei einem Unterstand. Kaum angehalten, fing es richtig stark an zu regnen und wir warteten gerne noch ein wenig länger als die Reparaturarbeiten dauerten.

Der Regen liess ein wenig nach und wir versuchten unser Glück erneut. So hielten wir während den nächsten 5 km mehrere Male und kamen überhaupt nicht vorwärts. Der letzte Stopp legten wir unwissend bei einer Wasserabfüllanlage ein und die nette Nigerianische Besitzerin zeigte uns kurz die Produktion. Endlich wussten wir wie diese unsinnigen Plastikbeutel mit Wasser gefüllt wurden. Um drei Uhr entschieden wir uns die Regenjacken anzuziehen und trotz des starken Regens weiterzufahren. Von heftigem Regen begleitetet und in wenigen Minuten komplett durchnässt, fuhren wir entlang der überfluteten Strasse und beobachten wie stark angeschwollene Bäche Steine und Abfall auf die Strasse spülten

Die Sonne zeigte sich wieder nach dem starken Regen und wir konnten in den Pausen sogar unsere Schuhe trocknen. Leider vernachlässigten wir den Sonnenschutz und verbrannten uns die Arme und Gesichter, da unsere Körper seit längerem nicht mehr so exponiert waren.

Wir fuhren auf der perfekten Asphaltstrasse entlang kleiner Dörfer, bei welchen Kinder und sogar Frauen «Apoto» (weisser Mann) zuriefen und herumtanzten. An das müssen wir uns nach über einer Woche Grossstadt zuerst wieder gewöhnen. In Mile 91 stärkten wir uns und kamen mit dem 10-jährigen Knaben ins Gespräch, der das kleine Restaurant führt, wenn seine Mutter gerade weg ist. Unglaublich was für eine Verantwortung Kinder in Afrika übernehmen und was für eine Reife sie dadurch ausstrahlen.

Am Abend wurden wir einmal mehr von über einem Dutzend Dorfbewohner beobachtet, als wir unser Innenzelt in einem leerstehenden Gebäude aufstellten. Manchmal fühlt es sich an, als ob wir in einer Fernsehsendung erscheinen und uns darum alle anstarren.

Morgens um 7 Uhr kamen unsere neuen Freunde und liefen in den Raum, wo wir immer noch am Schlafen waren und fragten ob wir gut geschlafen hätten. Nach einigen Minuten verschwanden die Einheimischen und kamen eine Stunde später mit allen Kindern zurück. Bis zu unserer Abfahrt rückten uns die Kinder und Jugendlichen nicht mehr von der Pelle, da es für die Dorfbewohner so speziell war zu sehen was wir so treiben.

Wir fuhren an vielen Dörfchen vorbei, bei welchen alle Leute uns freundlich zuriefen und Wäsche auf Bambusstangen trockneten. Ab und zu füllten wir wie gewohnt unsere Wasserflachen mit Brunnenwasser. Seit Dakar schleppen wir einen qualitativ hochstehenden Wasserfilter mit, aber gebraucht haben wir ihn bisher noch nie.

Die Hauptstrasse wurde nur von wenigen Autos befahren und in vielen sass eine weisse Person auf dem Beifahrersitz. Dies sind keine Touristen, sondern Mitarbeiter einer der vielen hier vertretenen Nichtregierungsorganisation (NGO) wie der Vereinigten Nationen (UN) oder Projekte der Europäischen Union (EU). Es werden beispielsweise Brunnen, Schulen und Krankenhäuser gebaut, um den Lebensstandard der armen Bevölkerung so ein wenig zu erhöhen.

Schnell erreichten wir Bo die zweitgrösste Stadt des Landes. Hier entschieden wir uns die neu asphaltierte Strasse nach Zimmi zu nehmen, anstatt die noch im Bau befindliche Strasse über Kenema. Viele Einheimische arbeiteten unter Chinesischer Leitung an der Strasse und schaufelten von Hand den Schutt aus dem zukünftigen Strassengraben. Am Abend lernten wir sogar einen Deutschen Ingenieur kennen, der den zweiten Teil der Strassenarbeiten unter sich hat und zwei Jahre in Sierra Leone bleibt für diesen Auftrag.

Als wir uns vor einem heftigen Regenfall schützten, lernten wir den Bauer Michael kennen, der Bananen, Cassava und Ananas anpflanzt. Nach einem kurzen, angenehmen Gespräch bot er uns an, auf seiner Veranda zu übernachten.

Die Afrikanischen Dorfgeräusche weckten uns wiedermal früh und wir fragten, ob es möglich wäre etwas zum Frühstück zu bekommen. Für weniger als einen Schweizer Franken kauften zwei Frauen auf dem lokalen Markt die Lebensmittel ein und kochten ein leckeres Reisgericht für uns. Währenddessen probierten wir eine witzig aussehende Frucht und ein kräftiger Junge kletterte ohne Hilfsmittel auf eine mindestens 10 Meter hohe Palme, um ein paar Kokosnüsse zu ergattern. Nach zwei Stunden Zubereitungszeit war es Zeit um zu essen oder «chop» wie es in der lokalen Sprache heisst.

Um die Mittagszeit verabschiedeten wir uns von all den Kindern und Michael. Schnell erreichten wir die Kreuzung, wo man nach “Tiwai Island” gelangt. Diese Insel ist ein Schutzgebiet und beheimatet mehrere Primatenarten und in den umliegenden Gewässern leben Krokodile und Nilpferde. Nach einer längeren Diskussion konnten wir mit einer Familie für einen fairen Preis mitessen und unter einem Dach gratis übernachten. Tourismus hat in diesem Dorf leider bereits die Mentalität merklich verändert, so dass die Leute für jede Kleinigkeit Geld wollen.

Da wir bereits alle Tiere, die man auf der Insel sehen kann, in den vorherigen Ländern gesehen hatten, entschieden wir uns die Gebühren für eine andere Aktivität aufzuheben. Stattdessen zeigte uns Alex ein junger, sympathischer Einheimischer verschiedene Plantagen und das Dorfleben. Wir sahen eine Kakaoplantage direkt neben einer Brotfruchtzucht. Danach besuchten wir den Naturheiler, der gleichzeitig auch Hängematten von Hand herstellt. Der alte Mann braucht normalerweise eine Woche pro Hängematte und verkauft sie für weniger als 3 CHF. Nachdem wir dem Dorfschmied gespannt beim Handwerk zuschauten, verliessen wir das kleine Dorf wieder in Richtung Hauptstrasse.

Zimmi ist die letzte grössere Stadt vor der liberianischen Grenze und wir steuerten den Ort an, um die Nacht dort zu verbringen. Nachdem wir während eines Gewitters einige nette Einheimische kennenlernten, fanden wir auch ein Fenster- und Türenloses Zimmer mitten in Zentrum.

Die entspannte Kleinstadt Zimmi lud richtiggehend ein, um ein paar Tage zu entspannen. Die Leute grüssten uns von allen Seiten mit «Ha di body» (Wie geht es dem Körper?) oder «Ha di aftanoon» (Wie geht es heute Nachmittag?) und fragten gleich weiter «What is your mission» (Was ist eure Mission?) Wir antworteten, dass wir langsam «small small» mit dem Fahrrad von Europa nach Südafrika fahren und amüsierten uns über die erstaunten Gesichter.

Wenn wir nicht in unserem Zimmer entspannten, entdeckten wir den lokalen Markt oder liefen durch die Strassen und plauderten mit Leuten über Politik oder unsere Reise. An einem Nachmittag liefen wir zu einem öffentlichen Brunnen, um uns zu waschen. Die Leute waren extrem überrascht, als wir uns plötzlich direkt neben der Wasserquelle auszogen und uns den Schweiss vom Körper wuschen. Die Bewohner Afrikas haben sowieso immer das Gefühl wir wären etwas Besseres und dies nur wegen unserer Hautfarbe. Wir versuchen ihnen wiederholt klarzumachen, dass wir alle nur Menschen sind und wenn sie sich hier waschen können, können wir das genauso.

Nachdem wir uns von allen unseren neugewonnenen Freunden verabschiedet hatten, verliessen wir den ruhigen und friedlichen Ort. Anfangs konnten wir noch die neue asphaltierte Hauptstrasse benutzen, mussten dann aber schnell auf die alte Piste durch den dichten Wald ausweichen wegen der Baustelle. In einem kleinen Dorf füllten wir unsere Wasserflaschen und halfen einem Motorradfahrer die Kette neu einzuhängen, da er das nötige Werkzeug nicht besass.

Am Grenzort Jendema angekommen, lernten wir einen Polizisten während dem Trinken eines lokalen Tees genannt «attaya» kennen. Dank ihm durften wir in einem Raum in der Polizeistation übernachten. Die anwesenden Polizisten waren ganz ausser sich, als wir ihnen erzählten, dass das in der Schweiz nie möglich wäre in einer Polizeistation zu übernachten.

Bis wir bereit waren loszufahren, lebte der kleine Grenzort bereits und überall liefen Frauen mit irgendwelchen Gebäcken auf dem Kopf herum. Ausserdem waren einige überladene Autos und Motorräder vor Ort und die Passagiere diskutierten wild gestikulierend über irgendwelche Preise.

Um die Ausreise erfolgreich hinter uns zu bringen, mussten wir in drei verschiedene Büros gehen und fast die genau gleichen Fragen innerhalb von einer halben Stunde dreimal beantworten. Schlussendlich überquerten wir den Grenzfluss und erwarteten gespannt die ersten Eindrücke in Liberia.

Sierra Leone war wie erwartet eines der spannendsten Länder bisher. Nicht viele Touristen verirren sich in dieses jahrelang vom Bürgerkrieg zerstörte Land. Die Reaktionen der interessierten und gastfreundlichen Leute waren überragend und wir hatten interessante Gespräche und machten neue Bekanntschaften.

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