25. Februar 2019 – 23. März 2019:
In einem Taxi haben wir vor einigen Wochen einen Gambier kennengelernt und blieben seither im Kontakt. Nachdem wir ihm schockiert mitgeteilt hatten, dass das Visum für sein kleines Land für Schweizer stolze 60 Euros pro Person kostet, versprach er uns zu helfen. Er fuhr um 6 Uhr in Serrekunda los, um uns einige Stunden später an der Grenze zu treffen und uns zu helfen. Schlussendlich bekamen wir das Visum für 25 Euros, da ein alter Schulfreund von ihm an der Grenze arbeitete und uns einen Freundschaftsrabatt gab.
Glücklich und dankbar über den neuen Stempel im Pass, begaben wir uns nach einem gemeinsamen Mittagessen mit Oj auf die Strassen Gambias. Wie auch schon im Senegal kreischten die Kinder von überall her «Toubab» (Weisse) und rannten auf uns zu. Der einzige Unterschied war nun, dass die nächsten Wortfetzen aus den Kindermündern «pen» und «money» anstatt «stylo» und «argent» waren. Die Landschaft wurde plötzlich deutlich grüner und vereinzelt sahen wir Wasserlöcher an welchen Kuhherden ihren Durst löschten. Auf einmal überquerten wir einen riesigen, mehrere hundert Meter breiten Fluss der später in den Fluss Gambia mündet.
Die Begrüssung in Gambia startet stets mit «salaam aleikum» (Friede sei mit dir) und die Antwort darauf ist «aleikum salaam». Danach folgen ein paar Sätze wie es der Familie geht und die allgemeine Gesundheit aller Familienmitglieder. Diese Begrüssung kann gut und gerne einige Minuten in Anspruch nehmen.
Die Gambische Währung heisst Dalasi und die Banknoten sind grösstenteils in einem schrecklichen Zustand. Wir mussten mehrmals mit Klebeband die einzelnen Stücke wieder zusammenheften.
Ein starker Ostwind weckte uns aus den tiefen Abenteurerträumen und wir bereuten es, letzte Nacht keine Heringe montiert zu haben. Trotz starkem Gegenwind kamen wir gut vorwärts und erreichten bald ein Dorf mit einem Einkaufsladen. Das ganze Dorf wurde schnell einmal aufmerksam auf die zwei mit Staub und Sand überzogenen Europäer. Während dem Frühstück gesellten sich mindestens 30 Kinder um uns herum und spielten, schauten uns scheu an oder versuchten sich auf Englisch mit uns zu unterhalten. Viele dieser Kinder fahren mit dem Fahrrad zur Schule und öfters versuchen sie uns zu folgen, um zu fragen wie wir heissen oder wohin wir fahren.
In Farafenni assen wir Hühnchen mit Pommes inklusive Salat und genossen ein kühles Süssgetränk in einem mit schrecklicher Musik beschallten Imbiss. Ein paar Kilometer nach dem Ort sahen wir einen grossen Baum, ergriffen die Gelegenheit darunter unser Zelt aufzuschlagen und genossen den Nachmittag im Schatten.
Bei einem kleinen Dorf fuhren wir zum Gambia River, um dessen Ausmasse zu bestaunen. Bei diesem Flusszugang hatte es sogar eine Fähre und ein paar Essenstände, bei welchen wir uns verpflegten. Aus der ankommenden Fähre kamen Mütter mit ihren Kindern auf dem Rücken und viele Nutztiere. Ein junger sympathischer Fährenmechaniker gab uns sein Fischsandwich zu probieren und erzählte uns von seinem brotlosen Job. Adrian wollte seine Jeans schon länger jemanden verschenken und übergab sie Ibrahim, der sie sogleich anzog.
Überall sahen wir Männer unabhängig von der Tageszeit bei der Zubereitung von lokalem Tee, genannt «Ataya». Die Zubereitung ist sehr traditionell, immer gleich und beansprucht sehr viel Zeit.
Andere Fahrradfahrer und Einheimische meinten wir sollten unbedingt in einem Dorf fragen, ob wir dort übernachten könnten. Genau dies taten wir. Ein kleines Dorf mit drei separaten Hüttenansammlungen, ohne Stromanschluss und nur Wasser vom lokalen Brunnen wurde von uns angesteuert. Nach ein paar Minuten stellte sich heraus, dass niemand Englisch sprach, weil nur wenige Kinder zur Schule gehen, da das Geld nicht für alle reicht. Mit Händen und Füssen konnten wir erklären, dass wir keine Hütte brauchten und selber ein Zelt dabeihätten. Nach unzähligen Fotos und Spielereien mit den Kindern des Dorfes, lud uns der Dorfälteste auf eine Portion Couscous ein, welche wir dankend annahmen.
Bei Sonnenaufgang wurden wir von den um uns herum lebenden Ziegen, Schafen, Enten, Hunden, Hühnern und Afrikanern unsanft geweckt. Es war äusserst interessant zu beobachten, dass ein Dorf ohne jegliche Elektrizität, nur mit Taschenlampen ausgestattet am Tag lebt und wenn es dunkel wird alle schlafen gehen. Es wurde uns, wie schon am Abend zuvor, selbstgestampfter Couscous mit Wasser und Zucker serviert. Wir verabschiedeten uns von allen Dorfbewohnern mit Handschlag und winkten noch lange, bis die Arme hinter den Büschen verschwanden. In Wassu betrachteten wir kurz die unspektakulären Steinkreise die von einer Megalithkultur aus dem 8. Jahrhundert stammen.
Zur Mittagszeit erreichten wir den kleinen Ort Lamin Koto, von welchem man mit einer Fähre nach Georgetown, der alten Hauptstadt, übersetzten kann. Unser Plan war jedoch zuerst weiter flussaufwärts zu fahren. In einem familiären Restaurant assen wir das Nationalgericht «Domoda» und unterhielten uns mit den sehr kommunikativen Kindern, die von der Schule auf dem Heimweg waren. Domoda enthält Fleisch mit viel Reis an einer Erdnusssauce mit ziemlicher Schärfe.
Um unsere Wasserreserven aufzufüllen, hielten wir bei einer kleinen aus Rundhütten bestehenden Siedlung am Strassenrand. Die freundliche Familie war mit dem Eselwagen aus Guinea migriert und baute sich hier ein neues Zuhause auf.
Bei zwei verschiedenen Dörfern wollten wir in mehreren Dorfläden Brot kaufen oder eine warme Mahlzeit zu uns nehmen. Es stellte sich heraus, dass alles Brot schon verkauft wurde und es keine Restaurants gab. Ein netter, hinkender Gambier lud uns kurzerhand zu sich ein, auf die Frage was seine Familie denn esse. In den kleinen Dorfläden findet man vielfach nur Kekse, Süssigkeiten oder gleich 50kg Säcke gefüllt mit Reis. Seine Frau brachte uns eine Art Brei und ein Glas Wasser. Nachdem wir die Familie für das Essen entschädigten, wurde unsere Vermutung, dass viele Leute in dieser Gegend nicht genügend zu essen haben von unserem Gastgeber, bestätigt. Beim Sandougou Fluss fanden wir den perfekten Platz für die Nacht und wir konnten endlich unsere verschwitzen Klamotten und Körper im trüben, krokodilhaltigen Wasser reinigen. Auf der Suche nach einem Abendessen liefen wir durch den Wald und fanden etwa ein Dutzend Kinder und Jugendliche die zu einheimischer Musik tanzend auf ihren Reis und Gemüsebeeten arbeiteten. Wir fragten, ob wir am Abend bei ihnen essen könnten und prompt wurden wir ein paar Stunden später bei uns am Zeltplatz abgeholt und durften im authentischen, lebendigen Dorf unseren Appetit stillen.
Einer der Dorfbewohner erzählte uns gestern Abend, er arbeite für einen Franzosen, der in der Nähe eine Unterkunft anbietet. Kaum waren wir heute Morgen aufgewacht, kam der nette Franzose mit seinem Jeep und bot uns ein Mittagessen an. Mit dem beladenen Drahtesel fuhren wir zum nahegelegen Paradies von Eric. Zu unserem Erstaunen bietet er Jagdtouren in der Umgebung an und diese Aktivität scheint bei Europäern beliebt zu sein. Auf jeden Fall genossen wir die Afrikanisch-Französische Version eines 3-Gangmenus und das Bier dazu.
Wir bedankten uns für die grosszügige Einladung und fuhren weiter ostwärts auf der komplett neu asphaltierten Strasse. Heute fanden wir heraus, dass nicht die gesamte Strecke asphaltiert ist und wir mussten uns kurzerhand mit der holprigen Staubpiste begnügen. Fabian übersah einen kurzen Ast am Boden, welcher sich prompt zwischen den Speichen im Vorderrad verhedderte. Der daraus resultierende Sturz war unausweichlich. Glücklicherweise trug das vordere Schutzblech mehr Schaden davon als Fabian und die Fahrt konnte ohne Probleme weitergesetzt werden.
Die Piste wurde einiges schmaler, Hügel mussten überwunden werden und bei vorbeifahrenden Lastwagen wurden wir regelrecht eingestaubt. Nachdem wir eine Seilfähre über den Gambia Fluss hinter uns gelassen hatten, assen wir im ersten Restaurant seit einigen Tagen Frühstück und quatschen mit Einheimischen.
Gestärkt folgten wir einem engen Pfad dem Ufer des Gambia Flusses entlang, bis wir einen geeigneten Platz fanden. Am Nachmittag kühlten wir uns im Wasser ab, beobachten hunderte Kühe beim Trinken und grüssten vorbeikommende Leute. Fabian organisierte im nahegelegen Dorf ein Abendessen, welches einiges an Zeit beanspruchte. Dank der liebenswürdigen Unterstützung des halben Dorfes, kehrte er mit einem geschenkten Nachtessen, Früchten und Frühstück zurück. Vor dem Schlafen versuchten wir uns im Lagerfeuerbau, doch die zahlreichen Moskitos drängten uns rasch ins sichere Zelt.
Bereits frühmorgens sammelten Einheimische Feuerholz und Fischer kontrollierten ihre Netze und Körbe im schön von der aufgehenden Sonne beleuchteten Fluss. Eine schwierig zu befahrene Piste führte uns zu einer alten Kolonialstadt namens Basse Santa Su, welche extrem belebt war und erstmals die meisten Häuser wieder am Stromnetz angeschlossen waren.
Die zuvorkommende Art der Gambier und Gambierinnen überrascht uns jeden Tag aufs Neue. Anstatt uns zum nächsten Brunnen zu schicken, gaben sie uns Wasser aus ihren eigenen Tanks und bedanken sich auch noch dafür. Einer der Männer zeigte uns den gerade im Bau befindlichen Brunnen, der bereits fünf Meter tief war. Einer der Arbeiter transportierte auf mühselige Art und Weise den aufgelockerten Schutt nach oben und war von oben bis unten voller Dreck.
Zurück auf dem glühend heissen Asphalt profitierten wir endlich vom Wind, den wir auf der Nordseite des Flusses täglich verfluchten. Kurz vor Janjanbureh, früher Georgetown genannt, wollten wir uns im Kunkilling Forest Park umsehen, da wir hörten es gäbe dort eine Vielzahl an Vögel und Affenarten zu beobachten. Wir hatten Mühe einen Weg zu dem besagten Waldstück zu finden und fuhren auf immer kleiner werdenden Pfaden in Richtung Fluss. Umringt von vielen Dornbüschen und Bäumen, entschieden wir uns das Fahrrad stehen zu lassen und zu Fuss den Park zu erkunden. Kurz bevor wir den Fluss erreichten, sprangen Rote Stummelaffen über unseren Köpfen von Baum zu Baum. Die Sonne stand im Zenit und brannte regelrecht auf unsere Köpfe und wir kämpften uns schwitzend zurück auf die Hauptstrasse. Vor dem Erreichen der Hauptstrasse bemerkte Fabian einen Platten am Hinterrad, der sofort repariert werden musste.
Eineinhalb Stunden und drei Flicken später erreichten wir die alte Hauptstadt Janjanbureh und füllten unsere Energiereserven auf. In einem Geschäft kauften wir Brot ein und Musa, ein Einheimischer mit Rastas, fragte uns wo wir übernachten wollen. Nachdem wir ihm erzählten wir planen irgendwo im Busch zu übernachten, lud er uns ein bei sich im Garten zu campieren. Musas Zuhause stellte sich als perfekter, am Fluss gelegener Campingplatz heraus.
Wir genossen den schönen Ort direkt am Fluss und entspannten uns im permanenten Schatten der Mangobäume. Um uns abzukühlen schwammen wir im relativ kühlen Fluss und wuschen unsere vollgeschwitzten Fahrradklamotten. Ausserdem war Fabians Reifen schon wieder platt, was bedeutete, dass er vermutlich noch ein weiteres Loch im Schlauch hatte. Es stellte sich heraus, dass der eine Flicken nicht richtig klebte und dadurch Luft austreten konnte.
Nachdem wir uns einen Teil der verfallenen Kolonialbauten angeschaut hatten, sprach uns Issa, ein schlanker, aufgeweckter Einheimischer, an und lud uns direkt zu sich nach Hause zum Tee ein. Bei netten Gesprächen lernten wir seine Familie und seinen Freund Kemo Bamba kennen. Dieser begleitete uns später nach Hause und lud uns am nächsten Abend zu sich auf ein traditionelles Abendessen ein.
Am späteren Nachmittag des nächsten Tages trafen wir Kemo Bamba, der uns zuerst die Gemüseplantagen seiner Frau zeigte, bevor er uns stolz durch sein Zuhause führte. Im Wohnzimmer durften wir ein leckeres Abendessen mit seinen Kindern geniessen und alberten herum. Der gescheite Familienvater erzählte uns von seinen optimistischen Zukunftsplänen und überraschte uns mit seiner unbegrenzten Gastfreundschaft. Für ihn wäre es eine Ehre uns sein Zimmer beim nächsten Besuch anzubieten. Trotz seines Monatslohns von umgerechnet 30 Euro, will er nochmals zur Schule, ein Haus für Touristen bauen und seinen Kindern die bestmögliche Ausbildung ermöglichen. Ein Hindernis dabei ist, dass er jeden Monat 50kg Reis für seine grosse Familie kaufen muss, welcher bereits ungefähr 25 Euro kostet.
Fabians Körper wollte während der Nacht einige verdaute und weniger verdaute Dinge aus allen Öffnungen loswerden und war dementsprechend am Morgen ziemlich schlapp. Nach ein wenig Ruhe und einer Abkühlung im Wasser, raufte er sich trotzdem zusammen und wir entschieden uns weiterzufahren. Wir bedankten uns herzlich bei Musa für die überaus grosszügige Gastfreundschaft und wünschten ihm und Isabelle alles Gute.
Direkt auf den ersten Kilometern sahen wir ein Rudel Paviane im Wald verschwinden, bevor wir die Kamera zücken konnten. In der Mittagssonne kamen wir gut vorwärts, auch wenn Fabian ab und zu wieder in den Busch rannte. Nach einem kühlen Getränk verliessen wir die Hauptstrasse, um in Richtung River Gambia National Park zu fahren. In einem kleinen Dorf fragten wir, ob jemand Informationen bezüglich einer Bootstour hat. Die Anwesenden Männer und Kinder riefen schnell Lamin, der eigentlich in Glasgow lebte und nur in Gambia zu Besuch ist. Der sympathische Europakenner erklärte uns die Situation und telefonierte mit einigen seiner Kontakte um Preise und Verfügbarkeit abzuklären. Uns war das Angebot für eine Bootstour im Park zu teuer und er zeigte uns gleich darauf sein Stück Land direkt am Ufer des Flusses, von wo man ab und zu auch Flusspferde und Schimpansen sehen kann. Wir waren von diesem Plätzchen so begeistert, dass wir gleich dort unser Zelt installierten und den Geräuschen der Natur lauschten.
Nach einer Nacht mit einer unbeschreiblichen Geräuschkulisse wachten wir morgens auf, da Rote Stummelaffen über unseren Köpfen agil von Ast zu Ast sprangen. Den Gambia Fluss und seine dicht gesäumten Ufer aus dem Zelt zu beobachten war definitiv ein einmaliges Erlebnis. Die Ranger des Nationalparks wurden auf uns aufmerksam und waren nicht so begeistert von unserem Übernachtungsplatz, da weisse Touristen normalerweise in den völlig überteuerten Resorts unterkommen.
Nach einem leckeren Frühstück im Dorf und einem Tee, verabschiedeten wir uns und nahmen die sandige Piste zurück zur Hauptstrasse in Angriff. Danach fuhren wir zu einem Dorf am Gambia Fluss, wo wir uns eine günstigere Gelegenheit für eine Flusspferdexpedition erhofften. Nach einem netten Gespräch mit dem Dorfhäuptling, willigte er für einen vertretbaren Preis ein und wir starteten die Bootstour ohne Motor, stattdessen mit einem Einbaum. Dies ist ein Boot aus einem einzigen Baumstamm. Definitiv eine authentische Erfahrung, da wir alle paar Minuten Wasser mit einer Schaufel aus dem kleinen Boot scheffeln mussten. Bereits nach ein paar Minuten sahen wir die ersten Flusspferdköpfe fauchend aus dem trüben Flusswasser auftauchen. Eindrücklich wie diese gigantischen Tiere im Wasser schlafen und trotzdem an Land ihre Nahrung zu sich nehmen. Auf dem Rückweg besichtigten wir die riesige Insel des Häuptlings und genossen anschliessend frisch gefangenen Fisch zum Abendessen.
Geweckt wurden wir einmal mehr von den hunderten Tieren die im Dorf frei herumlaufend laute Geräusche verursachten. Wir fühlten uns wie in einem Zoo bzw. in einem Afrikanischen Dokumentarfilm. Denn genau so hatten wir uns die Dörfer in Schwarzafrika vorgestellt und jetzt waren wir plötzlich mittendrin und fühlten uns erstaunlicherweise extrem wohl. Der Häuptling wiederholte oft wir könnten so lange bleiben wie wir wollen, auch wenn es ein oder zwei Jahre wären. Es war für ihn auch selbstverständlich, dass wir von A bis Z versorgt wurden, ohne mit der Wimper zu zucken. Gastfreundlichkeit kennt in Gambia keine Grenzen.
Ibrahim zeigte uns stolz die Schule und wir unterhielten uns mit den Lehrern über das Schulsystem und die verschiedenen Schulfächer. Am Nachmittag fand aufgrund eines Jubiläums der Britischen Kolonialisierung eine Art Umzug statt, bei welchem die Schulkinder traditionell verkleidet und geschminkt teilnahmen. Die Kinder sammelten singend und tanzend im ganzen Dorf Geld für ein Festmahl am nächsten Tag. Wir folgten der bunten und extrem lauten Truppe, ausgerüstet mit Kameras und einem riesigen Grinsen. Die scheuen Kinder mussten, wenn vom Oberlehrer aufgefordert, tanzend oder singend vor dem halben Dorf auftreten.
Ibrahim erzählte uns, es sei möglich auf der gegenüberliegenden Insel im Morgengrauen Flusspferde zu sehen, die ihre 40-50kg Nahrung zu sich nehmen. Als wir das gehört hatten, sagten wir ihm sofort wir wären interessiert und um halb acht befanden wir uns auf einem Boot aus Holz und ruderten über den Fluss. Leider konnten wir keine Flusspferde sehen, jedoch einige Affen und Wildschweine. Bei einem Bauern wurden wir auf frische Milch mit Couscous, gesüsst mit viel Zucker, eingeladen und kehrten danach zurück ins Dorf. Das Dorf ist bekannt durch seine sehr grossen Lagerhallen für Erdnüsse aus der ganzen Region, die während der Regenzeit im Sommer geerntet werden.
Nach einem Familienfoto mit fünf der neun Kinder des Dorfhäuptlings verabschiedeten wir uns und verliessen winkend das authentische Dorf. Über Warmshowers waren wir im Kontakt mit Mamodou, der uns in seinem Dorf einlud eine Weile zu entspannen. Seine extrovertierte und direkte Schwester Suruwa empfing uns herzlich und es wurde gleich Fisch mit Reis aufgetischt. Am Nachmittag spielten wir mit den unermüdlichen Kindern, halfen den Frauen die schweren Wasserkanister herumzutragen und Erdnüsse für das Abendessen zu mahlen.
Der starke, staubhaltige Wind zwang die Bewohner des Dorfes in ihre geschützten Innenhöfe und dadurch waren die Strassen menschenleer. Nach dem Frühstück, welches wie bereits die letzten zwei Mahlzeiten aus Reis bestand, starteten wir eine Suche nach dem populären Hibiskussaft. Über mehrere Leute landeten wir bei einem Haus und die Frauen meinten in ein paar Stunden können wir den frisch hergestellten Saft bei ihnen abholen. Am Nachmittag schälten wir Erdnüsse, spielten Fussball auf dem mit Abfall und spitzigen Gegenständen gespickten Fussballplatz und assen eine weitere Mahlzeit mit viel Reis. Die Kinder der Familien unserer Gastgeber liessen uns fast keine Ruhe, ausser sie waren gerade in der Schule oder wir schickten sie weg, da wir lesen oder uns ausruhen wollten.
Suruwa kritisierte uns ein paar Mal wieso wir keine Wörter in Mandinka, einer der Landessprachen neben Englisch, können. Kurz darauf lernten wir einige Wörter und übten stolz im Dorf mit Kindern und Erwachsenen unseren neu erlernten Wortschatz. Wir hatten in Gambia schon einige Schulen besucht, aber dies hielt uns nicht davon ab, auch die in Dankunku zu besuchen. Schon bevor wir auf dem Gelände ankamen rannten die Kinder kreischend auf uns zu und der Unterricht der meisten Klassen wurde gestört. Schockierend nahmen wir die Unordnung in der Bibliothek zur Kenntnis. Allerlei Bücher türmten sich aufeinander und niemand schien eine Übersicht zu haben. Einer der Französischlehrer war aus Guinea und war begeistert von unserer Tour und gab uns gleich seine Nummer, falls wir später Hilfe brauchen. Die meisten Kinder lernen neben Englisch in der Schule Arabisch, Französisch und sprechen schon mehrere Sprachen von Zuhause aus.
Die Anzahl der Kinder die wir in gewissen Dörfern sahen, schockte uns und bestätigte die Bilder die man in Europa zum Teil sieht. Die meisten anderen Vorurteile haben sich nicht bestätigt bis jetzt, aber die Kinderzahlen sind immens. Viele Männer haben bis zu vier Frauen im selben Haus. Generell sind die Frauen für den Haushalt und die Kindererziehung verantwortlich und die Männer versuchen einer Arbeit nachzugehen. Leider ist es fast unmöglich eine Arbeit zu finden und dadurch sieht man diese oft irgendwo rumsitzen, vor allem in der Trockenzeit.
Wir bedankten uns bei der Familie von Surawa die uns eine Vollpension anbot, obwohl sie uns weder kannten noch Geld dafür erwarten konnten. Natürlich entschädigten wir die arme Familie für das Essen und wünschten ihnen alles Gute.
Sobald wir uns wieder aufs staubige Rad schwangen, hörten wir von überall wieder Toubab, Toubab und wir versuchten wie die meisten Tage zuvor in einer fairen Weise allen Quellen der lauten Schreie zuzuwinken. Bei einem kleinen Dorf verliessen wir die Hauptstrasse und bogen auf einen schmalen Weg ab, der uns zur Hauptverwaltung des Kiang West National Park brachte. Dort fanden wir heraus, dass wegen des Wochenendes kein Parkverantwortlicher vor Ort war und wir entweder zu einem anderen weit entfernten Eingang fahren sollten oder hier einfach auf eigene Faust den Wald durchforsten könnten. Ein winziges Wasserloch unweit des Eingangs wies ein kleines Häuschen auf, von welchem man durstige Tiere beobachten konnte. Eine riesige Gruppe Paviane liess nicht lange auf sich warten und näherte sich langsam und scheu dem Wasserloch. Erst als wir weiterwollten, trauten sich die schlauen Tiere wirklich ans Wasser und löschten ihren Durst.
Durch diese lange Pause mussten wir in der heissesten Zeit des Tages weiterfahren und kühlten uns ab und zu im Schatten ab. Das Wasser in unseren Flaschen kochte bereits nach einer Stunde wieder und es war keine Gaumenfreude davon zu trinken.
Für unsere Verhältnisse packten wir unsere Drahtesel relativ früh und fuhren auf der perfekt asphaltierten Strasse in Richtung Serekunda. Generell sind die Hauptstrassen seit ein paar Monaten in Gambia in einem top Zustand und für jeden Tourenfahrer ein Genuss. Erst die letzten paar Tage nahm der Verkehr stetig zu, steht jedoch in keinem Verhältnis zu Senegals Hauptverkehrsachsen.
Am frühen Nachmittag erreichten wir die chaotischen Vororte von Serekunda. Seit langer Zeit sahen wir keine Stadt mehr und waren darum zu Beginn ein wenig überfordert mit den vielen Eindrücken. Bevor wir zu unseren Gastgebern fuhren, legten wir einen kurzen Stopp bei einer Bäckerei ein, die in Schweizer Besitz ist. Jörg, unser Freund der ebenfalls durch Afrika fährt, arbeitete hier als Abwechslung für ein paar Tage. Wenig später wurden wir herzlich von Christoph und Anja inklusive der drei Kids willkommen geheissen. Zur Überraschung wurden wir zu einem typisch Schweizerischen Käse-Fondue eingeladen und genossen die Abwechslung zum vielen Reis der letzten Tage.
Die erste Dusche und das erste Mal auf einer Matratze zu schlafen seit Dakar, was doch schon etwa einen Monat zurücklag, tat gut. Wir genossen die Gastfreundschaft der Schweizer Familie und die netten Gespräche mit den Gambiakennern sehr. Im kleinen, selbstkonstruierten Hockeyfeld spielten wir mehrmals mit vielen Kindern staubiges Hockey.
Unseren Fahrrädern verpassten wir auch eine Dusche und brachten sie wieder auf Vordermann. Die Küste und die Hauptstadt Banjul erkundeten wir während einem Tagesausflug ausnahmsweise ohne Gepäck. Der Küstenstreifen ist voller Holländer, Engländer und anderer Europäer die Gambia von einer anderen Seite kennenlernen. Nach einer Erfrischung im Meer, erkundeten wir den Hafen inklusive Albert Markt in der Hauptstadt.
Nach der Reinigung des Fahrrads am Vortrag, bemerkte Adrian plötzlich, dass seine Hinterradbremse nicht mehr richtig funktionierte. Nach einigem Rumbasteln, kamen wir zum Schluss, dass Luft im Bremssystem sein musste und wir die Bremse entlüften müssen. Nach zweimaligem Ausflug in die Stadt fand Adrian Nähmaschinenöl als Alternative für die Bremsflüssigkeit und eine Spritze inklusive Plastikschlauch. Ein Fahrradmechaniker der uns bereits in Sevilla mit Herzblut behilflich war, gab uns per Videoanruf sogar noch praktische Tipps, obwohl seine Englischkenntnisse eher bescheiden sind. Nach weiterem Hantieren, verbesserte sich die Bremswirkung wieder und das Fahrrad war wieder strassentauglich.
Nach über vier Monaten ohne jeglichen Niederschlag, mussten wir unseren Sonnentagezähler wieder zurücksetzen. Es regnete zwar nur kurz und intensiv, aber normal ist Regen in dieser Region im März auf keinen Fall.
Der nächtliche Schauer reinigte die Luft spürbar und die Temperatur war ebenfalls kühler als die letzten Wochen. Nach einem ausgewogenen Frühstück bedankten und verabschiedeten wir uns bei Christoph, Anja und den drei Kindern. Es war definitiv ein schöner Aufenthalt in Serekunda und wir genossen die Gastfreundschaft sehr.
Nicht einmal zwei Stunden später standen wir vor der Grenze zwischen Gambia und Senegal, welche unspektakulärer nicht sein konnte. Schnell bekamen wir den Stempel und nachdem wir die letzten Dalasi in unserem Besitz gegen ein mit Bohnen gefülltes Sandwich und ein Getränk getauscht hatten, überquerten wir die Grenze.
Gambia ist ein vielfältiges Land mit extrem netten und gastfreundlichen Leuten. Für uns war die Kommunikation mit den Einheimischen dank der englischen Sprache einfacher und dadurch hatten wir nette Begegnungen. Wir verbrachten viel Zeit in diesem winzigen Land und tauchten somit tief in die Kultur ein und lernten viel über Land und Leute.
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