27. Oktober – 28. November 2018:
Die Strasse nach dem Überqueren der Grenze führte uns durch Schluchten und schöne Felsformationen und wir verloren fleissig an Höhe. Nach einem Stausee kochten wir uns eine Portion Pasta neben einer Tankstelle und freuten uns über den nachlassenden Regen.
Immer wieder rochen wir Schweinescheunen und wussten jetzt wo der ganze spanische Schinken herkommt. Nach einem Halal-Kebab erreichten wir die ersten Vororte Barcelonas und wunderten uns, wieso so wenig Leute und Autos unterwegs waren. Bald realisierten wir, dass ein Fussballspiel ansteht und darum alle ins Stadion oder vor den Fernseher pilgern. In der Innenstadt mussten wir tausende Fans kreuzen, die auf dem Weg ins Stadion alle Strassen und Gehsteige blockierten. Nach längerer Zeit ohne Besuch durften wir Bettina und Adrians Eltern für die Zeit in Barcelona begrüssen.
Zu Beginn unseres Besuches der zweitgrössten Stadt Spaniens trafen wir uns zu einer Free Walking Tour im Stadtzentrum. Mit dem kompetenten und unterhaltsamen Stadtführer erkundeten wir die verwinkelten Gassen des gotischen Teils der Stadt und endeten die Tour am alten Hafen der Katalanischen Hauptstadt. Von dort gibt es als Attraktion eine überteuerte Seilbahn nach Torre Sant Sebastià. Nicht unweit vom Hafen befindet sich ein Museum mit Werken von Pablo Picasso, welcher Zeit seines Lebens in Barcelona verbrachte. Neben vielen Palmen findet man in der Innenstadt häufig begrünte Balkone, was dem Stadtbild ein angenehmes Flair gibt.
Überall in der Stadt sind viele Unabhängigkeitsflaggen und Schriftzüge zu erkennen und gelbe Schleifen als Symbol der Solidarität für Politiker und Aktivisten, die nach dem erneuten aufheizen des Konflikts im letzten Jahr angeklagt, verhaftet oder ins Ausland geflohen sind. Dieser Widerstand ist auf das umstrittene, durchaus provokative Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien zurückzuführen und die aggressive, repressive Reaktion der Landesregierung.
Vom Park Güell bzw. vom umliegenden Park, hat man eine kostenlose und atemberaubende Aussicht auf eine der meistbesuchten Städte Europas. Overtourism («Übertourismus») ist ein stetig an Wichtigkeit gewinnendes Thema in Barcelona und stösst mittlerweile auch in der Politik auf offene Ohren.
Viele Bauten in Barcelona, inklusive die Sagrada Familia sind von Antoni Gaudi entworfen worden und prägen das Stadtbild extrem. Die Sagrada Familia oder inoffiziell ewige Baustelle genannte Basilika nördlich der Altstadt stand natürlich auch auf unserem Programm, wurde jedoch wegen dem teuren Eintrittspreis und den ungeheuren Touristenmengen nur von aussen bestaunt.
Nach dem Ampelfestival beim Rausfahren aus Barcelona, überquerten wir die Autobahn und fuhren von einem Vorort zum nächsten. Bald erreichten wir eine schöne Küstenstrasse, welche in die am Meer abfallenden Berge gebaut ist. Es bot uns eine schöne Aussicht auf Strände, Häfen und die Hügel um uns herum. Die vielen ausgestorbenen Touristenorte die folgten, liessen nur erahnen was hier im Sommer los sein muss.
Die Landschaft hat sich extrem verändert seit wir die Pyrenäen überquert haben. Die Wälder und Wiesen wurden von kargen Felslandschaften abgelöst und es werden komplett andere Lebensmittel angebaut. Nach dem Frühstück am Strand fuhren wir entlang von Mandarinen-, Oliven- und Petersilienplantagen. Bei einer kurzen Pause konnten wir nicht widerstehen und gönnten uns vier kleine Mandarinen. In Richtung Landesinneres türmen sich hohe Bergketten auf und trennen das Meer vom zentralen Teil des Landes. Den ganzen Tag fuhren Dutzende deutsche Wohnwagen an uns vorbei und wir wunderten uns, wo die alle hinwollen. Ausserdem waren wir erstaunt an den leicht bekleideten Frauen am Strassenrand, die weder Früchte noch Gemüse anboten.
Auf der Hauptstrasse N-340, welche uns in den letzten Tagen viel begleitete, überholten uns plötzlich eine Gruppe Rennradfahrer. Wir entschlossen uns ihnen zu folgen, um vom schnellen Tempo und dem Windschatten zu profitieren. Trotz weniger modernem Untersatz und Gepäck, folgten wir ihnen mindestens 15km mit etwa 35km/h, bis sie eine Pause einlegten und wir vorbeizogen.
Die stolze Marke von 10’000 Kilometern wurde geknackt und wir feierten dies mit Pasta am Strand. Danach fuhren wir an einer gigantischen Industrieanlage vorbei, um an den Strand zu gelangen und fanden ein schönes Plätzchen an einem Steinstrand, geschützt durch hohes Schilfgewächs. Unter Meeresrauschen und Hundegebell schliefen wir mehr oder weniger schnell ein.
Wir erreichten Valencia und wurden von Valentin und Elsa herzlich empfangen. Nach einer Dusche wurden wir auch gleich noch bekocht und hatten einen geselligen Abend. Elsa gab uns eine kurze Stadtführung, um uns einen Überblick der Hauptstadt der autonomen Valencianischen Gemeinschaft und der Provinz Valencia zu verschaffen. Danach bestiegen wir den Turm der Kathedrale von Valencia, um die schöne Aussicht zu bewundern. Nach einer Stärkung genossen wir eine Sportmassage, gesponsert durch eine aufmerksame Zuhörerin des Radiointerviews. Gerne nehmen wir weitere Spenden entgegen für eine Massage oder andere Wohltaten.
Neben Paella ist die Stadt auch bekannt durch die jährliche Feier «Falles», bei welcher bis zu 30 Meter hohe Figuren aus diversen Materialien an Umzügen durch die Stadt teilnehmen. Die Stadt liegt an der Mündung des Flusses Turia, welcher aufgrund verheerender Überschwemmungen um die Stadt geleitet wurde. Nach dem Tod des Diktators Franco wurde anstatt einer geplanten Autobahn, ein zentraler Stadtpark im trockengelegten Flussbett geschaffen.
Ausserdem probierten wir die regionale Spezialität «Horchata de Chufa» ein Erfrischungsgetränk aus Erdmandeln, welches traditionell mit «Fartons» ein längliches Hefe-Gebäck serviert wird. An unserem letzten Abend mit unseren Warmshowers Gastgebern, verbrachten wir einen schönen Abend mit Martin, dem Vater von Elsa.
Begleitet von Valentin und Ona, deren Hündin, verliessen wir Valencia im trockengelegten Flussbett und erreichten bald den Hafen. Kurz danach überquerten wir den Fluss Turia und fuhren zum Strand. An der Strandpromenade folgten wir dem Fahrradweg und Ona begleitete uns für ein Stück zu Fuss anstatt im Anhänger. Vor Cullera fuhren wir an einem See vorbei, in welchem zu unserem Erstaunen Reis angepflanzt wird. Dieser Reis wird für die Zubereitung der lokalen Paella verwendet. Nach Ankunft in der Ferienresidenz von Elsa’s Mutter, genossen wir die schöne Aussicht auf das Meer und die umliegenden Berge.
Vom einem Rettungshelikopter geweckt, frühstückten wir auf der Terrasse mit Meerblick und genossen die Aussicht. Nachdem wir die letzten Tage der Mittelmeerküste Spaniens gefolgt waren, verliessen wir diese heute Richtung Inland. Dies bedeutete, dass unsere Bergfähigkeiten wiedermal gefragt wurden. Die Tipps von Martin und Elsa führten uns durch schöne Täler mit Mandarinen-, Orangen-, Kirschen- und Olivenplantagen. Elsa gab uns den Kontakt von Juan, der in Bocairent eine Olivenplantage hat. Wir kontaktieren Juan und er leitete uns an seinen Sohn Alberto weiter, der uns nach unserer Ankunft zur Olivenölfabrik seiner Familie führte. Dort durften wir übernachten und konnten sogar ein Feuer im Kamin entfachen. Eine Führung durch die kleine Fabrik durfte natürlich nicht fehlen. Wir erfuhren, dass sich diese Produktionsanlage bereits seit Jahrhunderten in Familienbesitz befindet. Das hochqualitative Olivenöl wird direkt nach Japan exportiert, wo das Produkt schon mehrere Preise gewinnen konnte. Ohne uns zu kennen oder uns lange auszufragen übergab der junge Spanier uns die unbewachte Olivenölfabrik für die Nacht.
Trotz starkem Gegenwind kamen wir gut voran und erreichten das Hochplateau kurz vor Villena. Nach einer kurzen Pause hängten wir uns an eine kleine Gruppe Rennradfahrer an, um vom Windschatten zu profitieren. Nach einigen Kilometern kamen wir ins Gespräch und José, einer der Männer, lud uns zu sich nach Hause ein. Trotz mangelnder Englischkenntnisse auf der einen Seite und der Tatsache, dass uns alles Spanisch vorkam, konnten wir irgendwie kommunizieren. José offerierte uns einen Schlafplatz und das Haus um zu duschen und kochen. Wir kochten uns einen Teller Pasta und lehnten die Übernachtungsgelegenheit dankend ab, da wir noch ein bisschen weiterfahren wollten. Nach etwa zwei Stunden kam Jose zurück von seinem Mittagessen mit seinem Vater und wir verabschiedeten uns vom begeisterten Tourenfahrer, der selber schon von Spanien zum Nordkap gefahren ist. Nach all den Übernachtungen bei Einheimischen Leuten, konnten wir wiedermal wild campen und suchten uns dafür eine Olivenplantage aus.
Bei warmen Wetter und stahlblauem Himmel fuhren wir durch das hügelige, sehr trockene Inland Spaniens. Über Warmshowers hatten wir eine Unterkunft in Molinicos bekommen und freuten uns darum auf eine Dusche. Angekommen im kleinen Dorf, wurden wir von der Schwester von Pedro herzlich empfangen, da Pedro zurzeit gerade in den Philippinen auf einer Radreise ist. Aufgrund der üblichen Sprachbarriere wurde die Schwester von einer jungen Übersetzerin aus dem Dorf und vielen Kindern inklusive Mutter begleitet. Uns wurde das Haus gezeigt und mit vollem Vertrauen die Schlüssel übergeben. Seit wir die touristische Mittelmeerküste verlassen haben, erleben wir die spanische Gastfreundschaft täglich. So kam es, dass etwas später ein uns fremder Mann anklopfte und Paella vorbeibrachte.
Nach ein paar Kilometern mit einigen Steigungen auf einer Nebenstrasse bogen wir ab in Richtung des Naturparks Sierras de Cazorla. Es folgte eine Passüberquerung auf mehr als 1’100m. Danach fuhren wir in ein Tal voller Olivenbäume. Die felsigen Gipfel oberhalb des Olivenanbaus, wiesen schöne Formen auf und verliehen dem Landschaftsbild ein gewisses Etwas. Schon von Weitem konnte man das auf einem Felsen, weit über der Talsohle gebaute Dorf Hornos sehen. Kurz vor dem Erreichen des El Tranco de Beas Stausees, wollten wir Lebensmittel einkaufen und bekamen diese trotz «Siesta», da wir energisch darum baten.
Die ersten paar Kilometer im Nadelwald entlang des Stausees, sah die Umgebung aufgrund der Nebelschwaden sehr mystisch aus. Bald einmal drückte die Sonne durch die Nebelschicht und wir sahen die umliegenden Berggipfel. Im letzten Dorf für die nächsten 80km kauften wir Lebensmittel für ungefähr zwei Tage. Danach stieg die Strasse stetig an und wir erreichten die Abzweigung, bei welcher wir auf eine schmale Nebenstrasse abbogen, die über den Bergpass führte. Schon nach einigen Kilometern löste eine Kiesstrasse die Asphaltstrasse ab und wir erreichten nach ungefähr einer Stunde die Quelle des Flusses Guadalquivir. Beim Ursprung des fünftlängsten Flusses Spaniens, legten wir unsere Mittagspause ein, bevor wir die letzten Kilometer zur Passhöhe hinter uns brachten. Der Aufstieg auf der mit kleinen und grossen Steinen gespickten Piste, lohnte sich wegen dem Ausblick auf die umliegenden Felsformationen und Gipfel. Den ganzen Tag über sahen wir Füchse, Rothirsche, Gämsen und Rehe auf und neben der Strasse. Unser Zelt platzierten wir auf 1’800m und somit dem höchsten Punkt der Strasse und ebenfalls auf dieser Reise.
In der kalten Nacht wurden wir von Wildschweinen geweckt, die unser Zelt auskundschafteten. Vor dem Aufstehen legte der Wind um ein paar Stufen zu und es regnete konstant. In den umliegenden Gipfeln gab es über Nacht sogar ein wenig Schnee und verwandelte das Landschaftsbild merklich. Gerade als wir Aufbrechen wollten hielt ein Auto der Parkwächter und es wurde uns mitgeteilt, dass es nicht erlaubt sei wild zu campen und wir nächstes Mal eine Busse kriegen würden. Auf dem Weg vom Pass runter auf die Asphaltstrasse wurden wir während einer Stunde so richtig durchgeschüttelt und vom Dreck vollgespritzt.
In Pozo Alcon wärmten wir uns in einem Restaurant auf. Danach fuhren wir durch unendlich scheinende Olivenplantagen. Spanien ist bekannt für Olivenexporte, welche mehr als 30% des weltweiten Bedarfs abdecken.
Die Hügel und Berge um uns herum waren in der Farbenvielfalt kaum zu übertreffen. Nach einem Stück in einem Tal, kamen wir zurück auf eine Asphaltstrasse und erreichten bald ein kleines Dorf. Dort mussten wir einige Minuten warten bis der Supermarktbesitzer aus der Siesta zurückkam und wir konnten unser Nachtessen einkaufen. Auf dem Dorfplatz versuchten wir mit ein paar älteren Einheimischen Männern ins Gespräch zu kommen. Mit Händen und Füssen erklärte uns einer der Dorfbewohner, er sei mit einem Lastwagen in Interlaken gewesen. Kurz darauf zeigte er uns ein leerstehendes Haus, übergab uns innerhalb von ein paar Minuten die Schlüssel und verabschiedete sich wieder.
Nach einer erholsamen Nacht im Haus von Carmelo, welches wir ganz für uns hatten, legten wir den Schlüssel in das vereinbarte Versteck und pedalten los in Richtung Granada. Zuerst folgten wir einem Tal und genossen die schönen Steinformationen mit den verschiedensten Farben. Plötzlich realisierten wir, dass wir falsch abgebogen waren und die Qual der Wahl zwischen Zurückfahren oder ein Stück auf der Autobahn hatten. Wir entschieden uns für die 5km Autobahn, trotz des klaren Verbotsschildes bei der Einfahrt. Nach nur einer betätigen Hupe und glücklicherweise keines Polizeiautos, verliessen wir die Autobahn wieder und fuhren auf Nebenstrassen weiter. Eine Strasse führte uns sogar ein paar hundert Meter durch ein momentan trockenes Bachbett. Bevor wir Antonios Wohnung in einem Vorort von Granada erreichten, musste wir einen fast 1’400m hohen Pass überqueren. Unser Warmshowers Gastgeber kochte ein leckeres lokales Gericht und wir unterhielten uns über Gott und die Welt.
Nachdem wir die Route für die nächsten Tage mit der Hilfe begeisterter lokaler Fahrradfahrer abgeändert hatten, nahmen wir die kurze Fahrradtour ins Stadtzentrum von Granada auf uns, da wir dort ein Hostel gebucht hatten. Vom ältesten Stadtviertel «Albaicin», welches ein höher liegender Teil der Stadt ist, hat man eine grossartige Aussicht auf die umliegenden Berge der Sierra Nevada und die Stadtburg Alhambra. Wir besichtigten nur den Teil von Alhambra, den man ohne Ticket besuchen konnten und liefen durch die schönen Gassen des Stadtkerns. An einem Abend liessen wir es uns bei Tapas und Bier gut gehen und genossen die gute Stimmung in den unzähligen Bars bis in die Morgenstunden.
Über hüglige Strassen fuhren wir direkt auf eine Gewitterfront zu. Plötzlich fing es stark an zu regnen, Blitze erschienen am Himmel und Donner übertönte unsere Musik wenig später. Klitschnass erreichten wir die Stadt Antequera, mit ihrem südlichen Scharm und einer imposanten Festung am oberen Ende. In einem kleinen Supermarkt nahmen wir lokale Süssspeisen und Brot zu uns, um wenig später unsere Fahrt fortzusetzen. Fortan ging es mehrheitlich runter und wir waren zum ersten Mal seit einer Woche unter 500 m.ü.M. Ein paar Kilometer nach Pizarra wurden wir von Ismael im Cortijo Rosas Cantares herzlich empfangen und wir erhielten unser eigenes Ferienhaus. Die Unterkunft bekamen wir aufgrund eines grosszügigen Angebots von Bekannten.
Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Speck und Eier, erledigten wir Dinge die schon länger nötig gewesen wären. Kleider waschen, Zeltnähte neu abdichten, Fahrräder reinigen usw. Wir genossen den ungewohnten Luxus eines eigenen Hauses mit Küche, heisser Dusche und eigenem Bett.
Nach zwei erholsamen Nächten, tauschten wir das Luxusleben wieder gegen das Abenteuerleben ein und verliessen Cortijo Rosas Cantares. Gleich zu Beginn stieg die Strasse ordentlich an und wir erreichten bald wieder eine stattliche Höhe. An vielen Orten sahen wir die Schäden, welche das kürzlich erlebte Unwetter in der Region angerichtet hatte. An mehreren Stellen traten Bäche über die Ufer und transportierten allerlei Material auf die Strassen. Nachdem wir den «puerto del Viento»-Pass trotz Regen und starkem Gegenwind auf knapp 1200m gemeistert hatten, erreichten wir bald die Stadt Ronda. Der touristische Ort ist bekannt für seine exponierte Lage auf einem Felsplateau und kann durch mehrere imposante Brücken erreicht werden.
Der Regen liess weiterhin nicht nach und begleitete uns den ganzen Tag über bis Sevilla. Nachdem wir die hügelige Gegend hinter uns liessen, wurden die Strassen immer flacher und die zu bewältigenden Höhenmeter hielten sich in Grenzen. Endlich in der viertgrössten Stadt Spaniens angekommen, warteten schon Fabians Schwester Katja und ihr Freund Tinu im Hostel auf uns. Bei einem feuchtfröhlichen Abend, lernten wir auch wie man richtig Bier bestellt in Spanien: «cuatro Sevillas por favor».
Der immer stärker werdende Regen liess uns die gestartete Freewalking-Tour abbrechen und in ein Restaurant flüchten. Sevilla ist eine der heissesten und regenärmsten Städte Europas und hat im Jahresmittel nur 50 Regentage. Die Wahrscheinlichkeit war dieses Mal nicht auf unserer Seite und wir hielten uns den Rest des Tages eher drinnen auf.
Tinu hat uns ein Solarpanel gesponsert, mit welchem wir unsere elektronischen Geräte zukünftig mit Sonnenenergie laden können. Der Solarenergie-Experte besorgte uns ein leichtes, kompaktes Gerät für unsere Reise durch Afrika. Nach dem gemeinsamen Frühstück, verabschiedeten wir Katja und Tinu wieder und fuhren direkt zu einem empfohlenen Fahrradladen. Jorge zeigte uns ein paar wichtige Tricks für die Weiterfahrt und sägte ein Teil der Schutzblechbefestigung ab, damit wir mehr Platz zwischen Reifen und Schutzblech haben. In letzter Zeit hatten wir auf Kiesstrassen vermehrt Probleme, dass Schmutz an dieser extrem engen Stelle hängen blieb und das Rad blockierte. Unsere Shoppingliste beinhaltete: 4 Ketten, 2 Kassetten, 2 Ersatzreifen, 1 Ersatzscheibenbremse und eine neue Pumpe. Jorge war so begeistert von unserer Reise und glücklich uns helfen zu dürfen, dass er uns die gesamte Arbeit, den Service, mehrere Bremsklötze, Kettenöl, Fahrradreiniger und eine Kettenlehre schenkte. Wir möchten uns nochmals herzlich für die Grosszügigkeit bedanken!
Am Nachmittag verliessen wir Sevilla und kreuzten endlich wiedermal einen Tourenfahrer. Während dem Frühstücken fuhren zwei Jungs mit ihren Fahrrädern an uns vorbei und wir grüssten uns gegenseitig. Einige Zeit später kamen die beiden zurück und fragten uns etwas, wie meistens verstanden wir nicht viel und gaben ihnen eine unserer Visitenkarte. Zurück kamen ein Dutzend Bonbons, welches die beiden in der Zwischenzeit wohl zuhause geholt hatten.
Das flache Gelände kam uns nach den vielen Tagen in den Bergen ein wenig speziell vor und wir vermissten die Weitsicht. Auf dem Weg nach Cadiz waren wir erstaunt, wie viele Baumwollplantagen sich in der Region befinden. Ebenfalls sahen wir wiedermal eine Schweinezucht und viele Störche die ihr Winterquartier im Süden bereits eingerichtet haben. Um die Halbinsel, auf welcher sich Cadiz befindet, zu erreichen, gibt es zwei Brücken und einen Zugang weiter südlich. Unwissend über das Fahrradverbot, standen wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit vor der einem Verbotsschild und diskutierten, ob wir eine Busse riskieren sollten oder lieber 30km um die Bucht radeln. Wir entschieden uns für die bequemere Variante. So nahmen die vier Kilometer lange Brücke und erreichten die andere Seite ohne Probleme. Kurz darauf wurden wir von unseren Gastgebern Nacho und Cristina herzlich empfangen. Am späteren Abend trafen wir Freunde von den beiden und liessen uns die lokalen Gerichte vorführen und lernten viel Neues über Südspanien und Cadiz. Der frittierte Hai mit Zitronensaft schmeckte uns besonders gut.
Bei starkem Wind liefen wir dem langen Strand entlang bis zum Stadttor, welches den Eingang zur Altstadt markiert. Das kleine, sehr verwinkelte Zentrum wird durch viele kleine Restaurants und Bars geprägt. Viele der älteren Gebäude sind mit Korallen und Muscheln versehenen Steinen gebaut und sind interessant aus der Nähe anzuschauen.
Umgeben von Sumpflandschaft bewegten wir uns in Richtung Norden, um bald den Naturpark Los Alcornocales zu erreichen. In diesem Naturpark befinden sich die grössten Korkeichenwälder der Iberischen Halbinsel. Die Korkernte erfolgt normalerweise alle neun bis zwölf Jahre, dies kann jedoch von Region zu Region variieren. Kaum hatten wir die Wälder des Naturparks erreicht, stieg die Strasse stetig an und wir wurden aufs Neue gefordert. Als wir den höchsten Punkt erreicht hatten, wurden wir mit einer beeindruckenden Aussicht auf die umliegenden Hügel und Wälder belohnt. Ausserdem sahen wir immer wieder Adler und andere Greifvögel über unseren Köpfen kreisen. Bevor wir die durch den Regen der letzten Tage extrem feuchte und dadurch grüne Gegend wieder verliessen, fuhren wir einem schönen Fluss entlang und beobachteten den Sonnenuntergang.
Auf dem Weg in Richtung Gibraltar begegneten uns viele Rennradfahrer und grüssten uns wie immer freundlich auf mit «Hola» oder «Buenos». Im Ort Taraguilla fragten wir bei einem «Hostal» ob wir unser Gepäck irgendwo deponieren können, da wir dieses nicht bräuchten für einen Besuch des britischen Überseegebietes. Der Besitzer zeigte uns eine riesige Garage und meinte das sei kein Problem. Nachdem er uns auch sagte, es sei einfacher mit dem Bus nach Gibraltar zu kommen, liessen wir die Räder auch gleich dort. Nach der Überquerung der Grenze überquerten wir das Flugfeld, das wenig später für den gesamten Verkehr gesperrt wurde und einem Kleinflugzeug der British Airways Platz machte. Es handelt dabei um den einzigen Flughafen, bei welchem die Landebahn von einer vierspurigen Strasse gekreuzt wird. Nachdem wir das Stadtzentrum durchquert hatten, nahmen wir die 400m zum Affenfelsen auf uns. Wir verstanden nicht recht wieso man für einen Berg mit asphaltierten Wegen ein Eintrittsgeld bezahlen sollte und suchten uns einen Pfad durch den Busch. Zuerst kletterten wir über einen Zaun, dann kämpften wir uns entlang einer dicken Wasserleitung durch den dichten Wald und erreichten nach etwa 20 Minuten einen Weg. Kaum oben angekommen, sahen wir auch schon viele der Berberaffen, auch Magoten genannt. Vom höchsten Punkt sahen wir unseren nächsten Kontinent: Afrika!
Die einzigen freilebenden Affen in Europa liessen wir nach einem Eis und einem Bier hinter uns und nahmen wieder den Bus zurück zu unseren Rädern. Als wir den Besitzer des Hostals fragten, ob er einen Garten zum Campieren hat, meinte er wir sollen doch gleich in der Garage übernachten. Wir fanden den Vorschlag gut und richteten unser Nachtlager ein.
Von den anschliessenden Hügeln hatten wir einen schönen Blick auf die Küste Marokkos und Gibraltar. Tarifa ist die am südlichsten gelegene Stadt des europäischen Festlands und weist die geringste Distanz zum afrikanischen Kontinent auf. Am windgeschützten Strand schwammen wir seit langem wiedermal im Meer und genossen die warmen Temperaturen. Am Abend nahmen wir die Fähre nach Tanger und erreichten die Grossstadt nach einer kurzweiligen Überfahrt in der Dunkelheit. Somit beendeten wir die lange Aufwärmphase in Europa und freuen uns auf das kommende Abenteuer in Afrika.
In Spanien trafen wir auf extrem gastfreundliche und kommunikative Leute. Leider sind unsere Spanischkenntnisse quasi inexistent, was die Kommunikation ziemlich erschwerte. Auf dem Land spricht fast niemand Englisch oder Französisch. Zum ersten Mal auf unserem Weg nach Südafrika konnten wir uns nur mit Händen und Füssen mit den Ortsansässigen unterhalten. In Südspanien erlebten wir mehr Regentage als erwartet und die gesammelten Höhenmeter bestätigen, dass Spanien zu den hügligsten Ländern Europas zählt.
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