8. August – 15. August 2019:
Das siebte Land in Europa war Belgien und ein Staat auf den wir alle gespannt waren. Es war eines der einzigen Länder in Europa, welches wir alle noch nie besucht hatten und uns wunderten was es wohl zu bieten hat. Einige Kilometer nach der Grenzüberquerung folgte bereits Antwerpen, eine der grössten Städte des Landes. In Antwerpen, dem weltweit wichtigsten Zentrum für die Verarbeitung und den Handel von Diamanten, erkundeten wir die Sehenswürdigkeiten per Fahrrad. Leider mussten wir immer wieder Schutz vor dem Regen suchen und die Besichtigungstour dauerte nicht allzu lange. Antwerpen besitzt ausserdem den zweitgrössten Seehafen Europas.
Unter zeitweise starkem Regenfall fuhren wir nach Brüssel, bezogen unsere Zimmer, freuten uns auf eine warme Dusche und ein richtiges Bett. In Brüssel stand eine grosse Party an, denn Fabian feierte seinen 30. Geburtstag und freute sich über zahlreiche Besucher aus der Schweiz.
Um die Hauptstadt Belgiens kennenzulernen, schlossen wir uns der Free Walking Tour an. Einige Freunde und Fabians Eltern waren bereits vor Ort und die grosse Schweizer Gruppe erkundete die Stadt. Am meisten beeindruckte uns der Grand Place inmitten der Stadt, welcher eindeutig zu den schönsten Plätzen Europas zählt. Den speziellen belgischen Humor erkennt man beim Betrachten des urinierenden Knabens als Brunnenfigur (genannt Manneken Pis), der als Wahrzeichen der Stadt gilt. Zeitweise wird die Bronzefigur entsprechend speziellen Veranstaltungen gekleidet; die Statue hat über 850 verschiedene Kostüme.
Am Abend feierten wir Fabians Geburtstag mit seinen Eltern in einem typischen belgischen Restaurant und genossen verschiedene kulinarische Gerichte. Als Highlight des Tages überraschten Daniel, Florian, Raphael, Roger und Roland (gute Freunde aus der Schweiz) das Geburtstagskind. Die Geburtstagsfeier zog sich bis in die Morgenstunden weiter und wir genossen das köstliche belgische Bier in seiner riesigen Mannigfaltigkeit.
Nach der langen Partynacht waren die Energiereserven eher klein und wir stiegen in einen Touristenbus, der uns durch die Stadt führte und weitere wichtige Sehenswürdigkeiten präsentierte. Beim Atomium, ein Überbleibsel der Expo 1958 und mittlerweile mehr als ein Wahrzeichen der Stadt, verpflegten wir uns. Die 102 Meter hohe, imposante Konstruktion repräsentiert ein Milliardenfach vergrössertes Kristallmodell des Elementes Eisen. Mit dieser Rundfahrt nahm das Wochenende in Brüssel sein Ende. Wir genossen die vielen Besuche aus der Schweiz sehr!
Der Besuch aus der Schweiz machte sich langsam wieder auf den Heimweg und für uns ging das Abenteuer weiter in Richtung Brügge. Schliesslich denken wir noch lange nicht an die Heimkehr.
Kurz nach Brüssel trafen wir auf Mr. Eddy (einen Bekannten von Joel), der selber schon Dutzende Länder mit seinem Fahrrad bereist hat. Er empfing uns herzlich und fuhr gleich mit uns nach Gent, wo er uns auf eine leckere Pizza mit Cola einlud. Mr. Eddy zeigte uns einige Wahrzeichen und schöne Plätze der Stadt und begleitete uns anschliessend noch eine Weile. Ausserhalb von Gent pausierten wir während eines Gewitterausbruchs unter einer Autobahnbrücke und warteten bis der Regen nachliess. Nach über 100 Kilometern erreichten wir den gut gelegenen Campingplatz direkt vor Brügge.
Am nächsten Tag machten wir uns zu Fuss auf ins Stadtzentrum von Brügge. Uns war die Stadt aus dem Film „In Bruges“ bereits etwas bekannt und wir wollten uns vergewissern, ob Brügge wirklich so sehenswert ist. Viele Touristen hatten dieselbe Idee und schlenderten durch die wunderschöne Altstadt mit ihren Türmen und Kirchen zwischen den Kanälen. Da Brügge nie durch grossflächige Brände oder Kriege zerstört wurde, sind historische Gebäude und das mittelalterliche Stadtbild erstaunlicherweise gut erhalten. Der mittelalterliche Stadtkern ist ausserdem im Jahre 2000 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden.
Mit Sack und Pack machen wir uns auf, durchquerten Brügge und sahen dabei eine Art Parade mit verschiedenen Gruppen, die aufgrund des Feiertages Maria Himmelfahrt als Ritter und andere mittelalterliche Figuren verkleidet waren. Aufgrund dieses Feiertages waren alle Geschäfte geschlossen und erschwerten das Einkaufen des Mittag- und Abendessens.
Bevor uns die Fähre nach England und somit erstmals weg vom Europäischen Festland bringen sollte, reisten wir in die nördlichste Region Frankreichs um Calais zu erreichen. Dieser kurze Abstecher sollte uns einen ersten Eindruck von Frankreich ermöglichen, welches wir später noch detaillierter bereisen werden. Nach dem Überqueren der Grenze erreichten wir Dünkirchen und legten unsere Mittagspause ein. Im Stadtkern fand, wie schon in Orten zuvor, ein Flohmarkt statt und war übervoll mit Einheimischen. Vor der Weiterfahrt bestaunten wir das Denkmal, dass an die Rettung von Tausenden von Soldaten während des Zweiten Weltkrieges erinnert. In der Operation Dynamo konnte die Royal Navy den grössten Teil der in die Stadt geflüchteten britischen und französischen Truppen nach England retten.
Nach einem reparierten Speichenbruch erreichten wir ziemlich müde den Fährenhafen in Calais und kauften unsere Tickets. Die Fähre nach Dover kostete pro Person und Fahrrad 35 Euro und übertraf damit unser Tagesbudget bei Weitem. Während der 1.5 stündigen Fahrt, verpflegten wir uns und genossen den Sonnenuntergang. Somit erreichten wir ein neues Land und beendeten unseren eintägigen Abstecher in Frankreich. Leider hatten wir in Belgien aufgrund des vielen Besuches weniger Kontakt mit Einheimischen als in den Ländern zuvor. Mehrheitlich befanden wir uns in Städten und logierten nie über Warmshowers oder Couchsurfing. Ebenfalls übernachteten wir nie in der Wildnis, sondern schliefen während unseres kurzen Aufenthalts nur in einem Hostel und auf einem Campingplatz. Belgien hat sicherlich mehr zu bieten als Städte und verdient einen längeren Aufenthalt, der vielleicht bei einer anderen Fahrradtour noch nachgeholt wird.
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