Ghana

14. August – 10. September 2019:  

Extrem freundliche und interessierte Grenzbeamten verabschiedeten uns in Richtung Ghana und bestätigten unser Bild der netten Leute in der Elfenbeinküste. Nach einigen Kilometern Niemandsland begrüssten uns die sehr professionellen Beamten auf der Ghanaischen Seite. Es gab sogar einen Duty-Free Shop mit günstigen Alkoholika, obwohl wir mitten im Nirgendwo waren.

Die schlechte Piste begleitete uns noch ein Stück, bevor wir eine uralte, mit Schlaglöchern überzogene Asphaltstrasse antrafen. In einem kleinen Dorf versuchten wir uns an unserem ersten Gericht in Ghana und waren hell begeistert. Eine Abwechslung tut immer gut!

Adrians Befürchtungen einer erneuten Malariaerkrankung bestätigten sich bei einem Schnelltest in einem Gesundheitszentrum. Im Wartesaal lief eine Amerikanische Wrestlingsendung und die verstaubten Dokumente lagen unsortiert in einem staubigen Gestell. Wieder auf der Piste überholte uns ein Bus voller singenden und klatschenden Kindern und wir fühlten uns als wären wir inmitten eines stereotypen afrikanischen Filmstreifens aus Hollywood.

Während unserer ersten Nacht in Ghana hörten wir zuerst die Moschee und danach bis spät in die Nacht irgendwelche Musik mit extremen Bass. In der Elfenbeinküste hörten wir fast jede Nacht Getrommel oder Musik, aber in Aktion sahen wir leider nie eine solche Darbietung.

Von Inga und Kenneth, die ebenfalls gerade Ghana bereisen, hörten wir, dass man im Mole Nationalpark für wenig Geld Elefanten aus nächster Nähe sehen kann. Also entschieden wir uns den weiten Weg auf uns zu nehmen. Nach dem Studium der Karte, fanden wir sogar eine Abkürzung, die sich schnell als gute Idee bestätigte.

Vor ein paar Jahren war in diesem Gebiet ein gut erhaltener National Park, genannt Bui. Leider entschied sich die Regierung einen riesigen Staudamm zu bauen und 40% des vorherigen Nationalparks zu fluten. Das 400 Megawatt Projekt ermöglicht immerhin vielen Dörfern den Anschluss an das nationale Stromnetz.

Am Eingangstor des Staudamms verwies uns eine nette Dame an das Hauptquartier. Ein aufgestellter junger Mann in einem schicken Hemd stellte uns kurz den Vize-Firmenchef vor und fuhr uns zu einem Aussichtspunkt, von welchem wir einen Teil des Sees und die Staumauer betrachten konnten. Normalerweise muss man eine solche Tour im Voraus buchen, aber unsere Geschichte hat uns wiedermal einen Vorteil verschaffen.

Seit wir Abidjan verlassen haben, hat sich die Landschaft nach der Überquerung der Grenze schnell geändert. Anstatt dichter Regenwald, erinnert die Umgebung eher an Gambia, einfach grüner aufgrund der Regenzeit. Vereinzelt sahen wir grosse Bäume, aber die Landschaft wurde klar von Büschen und Termitenhügeln dominiert. Diese Änderung erstaunt wenig, da wir uns bereits über 500 km nördlich der Küste befinden.

In einem kleinen Ort genannt Maluwe durften wir eine uralte Moschee im westsudanesischen Baustil besichtigen. Die Moschee ist mehrere hundert Jahre alt und besteht nur aus Lehm, Stangen- und Knüppelholz. Zum Glück gibt es inzwischen ein Mikrofon im Grundgeschoss, damit der alte Muezzin nicht die schmale, gefährliche Treppe aufs Dach hochklettern muss.

In letzter Zeit schliefen wir fast immer in unserem Zelt und genossen die Ruhe und Freiheit in der Natur. Durch den grellen Vollmond braucht man in der Nacht nicht einmal eine Lampe um aufs Klo zu gehen. Eine solche Kulisse ist schwer zu ersetzten, darum nennt man das Zelt auch das Hotel ausgestattet mit Millionen von Sternen.

Adrian holte sich aufgrund der Schwäche des Immunsystems zusätzlich zur Malariaerkrankung eine Erkältung und darum entschieden wir uns wiedermal einen Pausentag einzulegen. In einer grösseren Stadt fragten wir, ob uns jemand unterbringen könnte, da wir nicht in einem Hotel übernachten wollten. Eine Familie, welche aus dem Niger migrierte, zeigte uns ohne zu zögern einen Raum und übergaben uns den Schlüssel wortlos.

Auf der Strasse assen wir bei kräftigen Frauen jegliche Gerichte der lokalen Küche und kamen somit mit einigen Einheimischen ins Gespräch. Ein gewiefter Teenager erklärte uns Schritt für Schritt wie man Kenkey, ein lokales Maisgericht herstellt. Zuerst werden die Maiskörner vom Maiskolben getrennt und im Wasser 2-3 Tage gelagert. Somit wird die Schale von den Maiskörnern separiert. Danach werden die Maiskörner für einen Tag fermentiert und in einem weiteren Schritt gemahlen. Das gemahlene Pulver wird mit Salz und Wasser versetzt und so etwa 30 Minuten gekocht. Zum Schluss wird von Hand eine Kugel gebildet, mit Maisblätter eingewickelt, 2-3 Stunden auf dem offenen Feuer gekocht und danach mit einer separat zubereiteten Sauce serviert.

In Afrika trinken alle Gäste eines Strassenrestaurants aus demselben Becher, der in einem grossen Wassereimer per Handbewegung gefüllt wird. Die Becher werden höchstens am Abend gewaschen und die Teller und das Besteck wird jeweils mit kaltem Wasser und ein wenig Seife abgespült, wenn ein neuer Gast Platz nimmt.

Leider ist die Kommunikation trotz Englisch als Nationalsprache schwierig, da viele ältere Leute gar kein Englisch sprechen. Und wenn sie etwas Englisch können, verstehen sie uns nicht, da wir keinen Ghana-Dialekt sprechen. Lustigerweise warfen uns schon mehrere Leute vor, kein Britisches Englisch zu sprechen, sondern ein «kaputtes» Englisch und darum verstehen sie uns nicht. Eigentlich ist es eher umgekehrt, aber das ist schwierig zu erklären, speziell wegen den erwähnten Umständen. Ausserdem leben im Norden von Ghana viele Menschen aus Niger, Mali und Burkina Faso und sprechen somit Französisch.

Adrians Fieber und Erkältung stellte sich als hartnäckiger heraus als erwartet und darum ruhten wir etwas länger in Bole aus als zuerst gedacht. Eigentlich wollten wir weiterfahren, da bemerkte Fabian einen Platten am Hinterrad, den er zugleich mit über 20 Kindern als Zuschauer reparierte. Auf rauem Asphalt fuhren wir bis an die Kreuzung, bei welcher eine Strasse weiter nach Burkina Faso führt und die andere in Richtung Osten. Wir bogen nach Osten ab und erreichten bald den Korridor zwischen dem Mole Nationalpark und einem Waldschutzgebiet. Schon bald sichteten wir die ersten Affen tief im Wald. In einem kleinen Dorf fanden wir ein Abendessen und Frühstück bereit zum Mitnehmen. Nur die dazugehörige Sauce musste noch zubereitet werden, welches von einer Mutter an ihre tüchtige Tochter delegiert wurde, wie üblich in Afrika.

In Larabanga, dem letzten Dorf vor dem Eingang zum Mole Nationalpark, kauften wir uns Proviant ein, da man für dasselbe Gericht im Park bis zu 30 Mal mehr abdrücken muss. Wir bezahlten die niedrige Parkgebühr und fuhren gleich zu einem Aussichtspunkt, von wo man die Übersicht über ein Wasserloch hat.

Wir wurden nicht enttäuscht! Kaum hatten wir nach Tieren Ausschau gehalten, sahen wir eine Gruppe von fünf Elefanten, welche sich die Mäuler mit Blättern von den saftig grünen Bäumen vollstopften. Wir waren erstmal froh, dass sich der lange Umweg gelohnt hatte und beobachteten begeistert die Tiere eine Weile.

Am Nachmittag schlossen wir uns einer Safari an, welche von einem Ranger mit alter Schusswaffe geleitet wurde. Auf der zweistündigen Tour zu Fuss durch den Busch sahen wir einen Elefanten, viele Antilopen, Wasserböcke, Paviane und andere Affenarten. Anscheinend darf man nirgends sonst so nah an Elefanten ran. Endlich haben wir unser ersten Tier der «Big Five» gesehen! Es war speziell wiedermal nur von anderen Europäern umgeben zu sein.

Der starke Rückenwind und das Terrain liessen uns seit langem wiedermal über 80 Kilometer vor dem Mittagessen fahren. An einer Kreuzung bogen wir in Richtung Süden ab und nahmen den langen Weg bis nach Kumasi, der zweitgrössten Stadt des Landes in Angriff.

Nach der Abzweigung, trafen wir extrem flaches Gelände und eine schnurgerade Strasse an, die das Fahrradfahren eher langweilig gestaltete. In einem kleinen Dorf fragten wir nach etwas zu Essen und bekamen nach kurzer Zeit sogar einen ganzen Topf voll Reis geschenkt.

Die Überquerung vom «Black Volta», einem der Zuflüsse für den 8500 km2 grossen Volta-Stausee war eher uninteressant und nach der Brücke folgte wieder eine schnurgerade Strasse. 1961 wurden mit den Arbeiten am Volta-Staudamm begonnen. Mithilfe des drittgrössten Stausees der Welt wurde anfangs zu viel Strom produziert und dadurch konnte ein grosser Teil in die Nachbarländer exportiert werden. Aufgrund des extremen Bevölkerungswachstums und dem dadurch erhöhten Strombedarf, ist heute die Energieproduktion zu gering und es gibt vermehrt Stromausfälle.

Die Gegend ist allmählich wieder dichter besiedelt und die Abstände zwischen zwei Dörfern werden wieder kleiner. Am Strassenrand verkauften Kinder in einem kleinen Verkaufstand riesige Yamswurzeln. Dutzende dieser Stände kamen direkt nacheinander und keiner bot etwas anderes als diese Wurzeln an.

Endlich änderte sich das Relief wieder und bald beschwerten wir uns auch schon wieder über die langen Anstiege. Besonders beim vorherrschenden Gegenwind zogen sich die Hügel lange hin. Beim Reparieren eines Platten Reifens, konnten wir im Haus einer Familie ebenfalls unseren Laptop laden und das extrem nasse Zelt trocknen. In der Nacht zuvor regnete es fast ununterbrochen und somit mussten wir das Zelt klitschnass versorgen.

Als wir weiterfahren wollten, meinte die Frau die seit über einer Stunde nebenan kochte, wir sollten wenigstens warten bis sie uns etwas zu essen anbieten könnte. Natürlich lehnten wir dieses Angebot nicht ab. Nach der leckeren Mahlzeit fing es stark an zu Regnen und der Ehemann meinte, wir sollten doch bei ihnen übernachten. Ihm passte es sowieso nicht, wenn wir im Busch übernachten würden, da es dort zu gefährlich sei. Eine Ansicht die interessanterweise bisher alle Afrikaner teilen.

Um acht Uhr früh verabschiedeten sich die Eltern, da sie die Kirche besuchten. Sie meinten das Frühstück sei bereit und wir meinten nur: «OK», da wir uns noch im Halbschlaf befanden.

Weiterhin meisterten wir die vielen Hügel tapfer und in Techiman stärkten wir uns für die nächsten Höhenmeter. Plötzlich, als wir hintereinander auf einem übersichtlichen Strassenstück fuhren, streifte ein Motorradfahrer Adrian von hinten, kam aus dem Gleichgewicht und stürzte seitlich auf den Asphalt. Während dem Sturz fiel er vom Motorrad und landete auf der anderen Strassenseite. Glücklicherweise konnte sich Adrian auf dem Fahrrad halten und sofort zu Hilfe eilen. Der Motorradfahrer trug zum Glück einen Helm und hatte darum nur offene Lippen und eine Schürfwunde im Gesicht. Ausserdem hatte er einen offenen Arm, kaputte Hosen und das Motorrad war definitiv in einem miserablen Zustand. Wenigstens war das Motorrad noch fahrbar und der Einheimische konnte weiterfahren. Schlussendlich waren wir alle froh, dass nichts Schlimmeres passierte.

Im Nachhinein erinnerten wir uns sogar daran, dass der in den Unfall verwickelte Motorradfahrer uns ziemlich sicher bereits vorher begegnet war. Es überholte uns nämlich ein Motorradfahrer zweimal und wies uns zurecht wie und wo wir mit unseren Zweirädern zu fahren haben. Wir ignorierten ihn, da wir das Gefühl hatten alles richtig gemacht zu haben. Letztendlich wissen wir nicht was seine Absicht war oder ob ein Hintergedanke vorhanden war zum Zeitpunkt des Vorfalls.

Auf jeden Fall erreichten wir mit Kumasi, die erste Grossstadt Ghanas und mussten uns somit wiedermal durch den stinkenden, staubigen und lauten Verkehr kämpfen. Auf dem Weg zu unserem Gastgeber Enoch, den wir über Warmshowers kontaktierten, schauten wir uns den Kejetia Markt an, der als grösster Markt Westafrikas zählt. Das lebendige Treiben in den engen Gassen war beeindruckend und wir konnten fast nicht wegschauen. Besonders imponierten uns einmal mehr die unglaublich starken Frauen, die ultraschweren Dinge von A nach B für ein Taschengeld transportieren. Später erreichten wir das grosse Haus des Ghanaers und er lud uns grosszügigerweise auf ein Einheimisches Nachtessen inklusive Bier ein.

Kumasi ist die Hauptstadt des ehemaligen Königreiches der Ashanti mit seiner grossartigen Zivilisation. Ashanti ist das Herz Ghanas in der südlichen Mitte. Die Goldproduktion ist seit Jahren ein wichtiges Standbein der Region.

Enoch lebte selber schon einige Monate in Skandinavien und berichtete wenig enthusiastisch von dieser Zeit. Er musste über zwölf Stunden in einem Fast Food Restaurant als Reinigungskraft arbeiten und war geschockt von der Kälte der Leute und der Region. Er wurde traurigerweise oft mit Rassismus konfrontiert und ist deswegen glücklich wieder in Ghana zu sein.

Anstatt im Zelt zu schlafen, erhielten wir Enochs Bett und er wollte unbedingt in unserem Zelt schlafen. Allerdings nicht draussen, da er sich schrittweise an das Zelt gewöhnen wollte. Somit stellten wir das Zelt im Gang des Hauses auf und er war hellbegeistert von dieser speziellen Erfahrung.

Auf der Strasse werden wir speziell in Ghana viel nach Geld gefragt, obwohl die Leute einen viel höheren Lebensstandard haben als in den vorherigen Ländern. Vermutlich liegt dies einmal mehr an den Touristen die hier leider Geld oder irgendwelche Geschenke an die Einheimischen verteilen. Ausserdem wurde Adrian mehrfach als Jesus bezeichnet, da er mit seinem Bart und den eher längeren Haaren genauso aussieht wie sie sich ihn vorstellen. Auch unser Vorschlag Jesus sei doch Afrikaner und somit nicht weiss, stiess auf taube Ohren. Nach dem Besuch beim Friseur, der mit seiner Spielzeugschere zwei Stunden ahnungslos an den für ihn unbekannten Haaren herumschnipselte, nahmen die Jesusrufe definitiv ab.

Eine Freundin Enochs kochte uns jeweils das Abendessen und wir genossen den Luxus alle möglichen Gerichte auszuprobieren. Die Leute in Ghana sind immer wieder erstaunt, wenn wir ihnen sagen, dass wir bereits alle einheimischen Spezialitäten versucht haben und auch sehr mögen.

Nach einem gemeinsamen Frühstück mit unseren neuen Freunden, machten wir uns auf den Weg zurück ins Stadtzentrum. Dort wechselten wir mit der Hilfe eines Kontakts von Enoch Geld auf dem Schwarzmarkt. Auf dem Weg zum Bosumtwi-See, mussten wir ein Stück auf einer staubigen, völlig kaputten Strasse fahren, um nach einem kurzen, steilen Aufstieg den Eintrittspreis für die Seeregion zu bezahlen. Danach führte die Strasse extrem steil zum grössten natürlichen See Ghanas.

Bei einer Bar, in Ghana «spot» genannt, durften wir unser Zelt direkt am Ufer aufstellen. Währendem wir uns im erfrischenden Wasser badeten, holten die fleissigen Fischer ihre Netze aus dem Wasser. Aufgrund einer wichtigen lokalen Gottheit die anscheinend kein Eisen mag, gehen die Fischer heute noch mit Hilfe von schmalen Holzplatten auf Fischfang. Es sieht so aus, als würden sie auf dem Wasser schweben, da sie nur mit den Händen und Füssen paddeln.

Der steile Anstieg aus dem Seebecken, das anscheinend durch einen Meteoriteneinschlag entstand, hatte es in sich und wurde vor allem für Fabian zusätzlich anstrengend. Er verlor nämlich stetig Luft vom vorderen Pneu und musste oben angekommen, wiedermal ein Loch flicken.

Eine schmale, von Schlaglöcher geprägte Strasse führte uns auf die Verbindungsstrasse zwischen Kumasi und Accra. Viele völlig überladene Lastwagen drängten uns beim Vorbeifahren auf den Pannenstreifen. Leider sind wir mit dem Fahrrad in Afrika nur Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse und müssen selber schauen, dass wir nicht von hinten überfahren werden.

Immer wieder schlafen wir in nicht fertig gestellten Häusern oder irgendwo im Busch. Man könnte meinen die Leute die uns dort sehen in unserem Zelt, würden vor Schreck fast umfallen und sofort hysterisch das ganze Dorf informieren. Erstaunlicherweise nehmen die Afrikaner diese neue Situation extrem locker und sehen unser Verhalten zwar als komisch, aber es stört sie nicht weiter.

Die letzten Wochen waren eher trocken und wir konnten dem Regen gut ausweichen. Allerdings regnet es in den letzten Tagen vermehrt und währenddessen müssen wir pausieren, da wir nicht wissen wann die nassen Klamotten bei diesem feuchten Klima wieder trocknen würden.

Meistens fragen wir in Restaurants oder bei Häusern, ob wir unsere Wasserflaschen auffüllen können. Bisher war das nie schwierig und es gab immer irgendwo einen Kanister mit Wasser oder es war ein Ziehbrunnen in der Nähe. In Ghana trinken die Leute fast nur noch das Wasser aus den Plastikbeuteln und können überhaupt nicht nachvollziehen wieso wir diese nicht mögen. Wir müssen dann jedes Mal erklären, dass der leere Plastikbeutel am Boden landet und das nicht gut für die Umwelt ist. Schlussendlich kriegen wir meistens Wasser aus einem Gemeinschaftstank, der hier die Brunnen grösstenteils ersetzt.

Wir verliessen das Tal, welches umgeben ist mit Kalksteinformationen und fuhren in ein schmaleres Tal. Dort suchten wir zuerst vergeblich nach einem Wasserfall, welchen wir schlussendlich an einem komplett anderen Ort fanden. Anstatt den überrissenen Preis von 4 Euro für die Besichtigung zu bezahlen, suchten wir uns einen eigenen Pfad und kamen schlussendlich zum Ort, wo das Wasser über mehrere Kaskaden hinunterfällt.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit fanden wir einen geeigneten Platz für unser Zelt und waren wiedermal erstaunt, trotz der Abgelegenheit, Musik zu hören. In Afrika gilt nämlich die Devise, dass nur Musik mit maximaler Lautstärke gute Musik sein kann.

Eine längere Abfahrt führte uns aus dem niedlichen Tal. Anschliessend mussten wir einen Bergkamm überqueren, bevor wir mit einer schönen Aussicht auf die Volta-Region belohnt wurden. Wir konnten einen Teil des riesigen Stausees und den Volta Fluss sehen. Nach der holprigen Abfahrt verpflegten wir uns an einer Raststätte und beobachteten wie die Fernbusse während ihrem Halt von den zahlreichen Verkäuferinnen attackiert wurden. Von einem schlauen Mädchen erfuhren wir, dass diese Frauen jeweils vom Morgen bis spät abends ihre Produkte hier verkaufen. Zum Teil tragen diese über 20 kg auf ihrem Kopf und sind stundenlang der prallen Sonne ausgesetzt.

Kente ist ein Stoff der in der Elfenbeinküste und in Ghana hergestellt wird und früher nur von Königen getragen werden durfte. Direkt neben der Strasse sahen wir ein paar Webstühle und ein junger Mann war gerade in seine Arbeit vertieft. Wir fragten, ob wir zusehen durften und dies wurde mit einem breiten Lachen bestätigt. Geschickt und in einem unglaublichen Tempo warf er die Kordeln durch die Fäden.

Direkt nachdem wir uns gewundert hatten wie gut die aktuelle Strasse war, kam plötzlich ein Schnitt und wir befanden uns auf einer schrecklichen Piste. Wir konnten auswählen zwischen einer sandigen Seite und einer mit Kies überhäuften Seite. Die Autos kamen aus allen Richtungen entgegen und der Staub setzte sich auf unseren schwitzenden Körpern fest.

Später nahmen wir einen Umweg in Kauf, damit wir der holprigen Piste ausweichen konnten. Normalerweise fragen wir immer Einheimische nach der Strassenqualität, doch diesmal nahmen wir naiverweise einfach an, der Asphalt würde uns treu bleiben.

Die regnerische Nacht hinter einer unfertigen Kirche war für Adrian wenig erholsam. Er musste mehrmals aus dem Zelt rennen, um aufs Klo zu gehen. Mitten in der Nacht kamen auch noch Fieberschübe hinzu. Bis wir eine Klinik erreichten, beklagte sich auch Fabian über Fieber und Kopfschmerzen. Der Malariatest ergab eindeutig eine Infektion bei Fabian und bei Adrian waren von drei Tests zwei negativ und einer funktionierte nicht.

Also sammelten wir die übrige Energie und fuhren zum nächsten Ort und fanden ein Spital. Adrians Blut wurde mit Hilfe eines Mikroskops auf Malaria und Typhus untersucht. Da diese Tests beide negativ ausfielen, gingen der Arzt von einer Mageninfektion aus.

Somit entschieden wir uns eine Bleibe zu finden und fragten beim Gerichtsgebäude eine Frau und einen älteren Herrn. Diese meinten es sei kein Problem im Gerichtssaal zu übernachten. Uns schien das ein wenig unpassend, aber beschwerten uns natürlich nicht. Wenig später mussten wir umziehen, da gewisse Leute nicht sonderlich begeistert waren und es wurde ein Zimmer bei einer Familie organisiert.

Sara die uns schlussendlich bei ihrem Bruder ein Zimmer organisierte, besuchte uns ab und zu und unterhielten uns über die Lebensverhältnisse in Ghana. Sie war schon mittleren Alters und hatte immer noch keinen Partner, was sie offensichtlich beschäftigte. Immerhin glaubt sie, dass Gott das alles richten wird und darum sei das nicht so schlimm.

Die Stellung der Frau ist in Ghana speziell und wichtig. Alle Frauen betrachten eine Berufstätigkeit als selbstverständlich und die Quote von fast 80% bestätigt das. Spannenderweise tragen Frauen nie den Namen ihres Ehegatten, führen ein eigenes Bankkonto und dürfen ohne Verlust ihres Ansehens Kinder ohne Ehemänner haben.

Wir verbrachten viel Zeit im Zimmer und versuchten unsere kranken Körper zu schonen und schauten ab und zu einen Film auf unserem Computer. Nur zum Essen liefen wir durch die Kleinstadt und unterhielten uns mit den interessierten Leuten auf der Strasse.

Wir fühlten uns beide bereits wieder besser und waren bereit weiterzufahren. Von überall her hörten wir Kirchengesang oder den Pfarrer predigen. In dieser Region und generell in Ghana gibt es viele verschiedene Kirchen und Sekten. Darunter sind Presbyterianer, Methodisten, AME-Zion, Heilsarmee, Zeugen Jehovas, Mennoniten, Baptisten, Lutheranische Kirchen, Wiedergeburtsgemeinden, Apostolische Gemeinden und Pfingstgemeinden, die man in der Schweiz kaum kennt. Manchmal hört man nur wirres Geschrei aus den Kirchen, manchmal sieht man Leute tanzen und es gibt sogar Instrumente.

Vor der Abfahrt fanden wir glücklicherweise eine Muslimische Frau, die nicht zur Kirche ging und uns Frühstück verkaufen konnte. Die Strassen waren komplett leer und alle Geschäfte geschlossen.

Nach einigen Kilometern erreichten wir den Ort, der am Fusse des höchsten Berges in Ghana liegt. Wir stellten unsere Fahrräder in den Wald und versuchten einen Pfad zum Gipfel zu finden. Dies stellte sich von unserem Startpunkt etwas schwieriger heraus und wir kämpften uns durch dichten Dschungel, bis wir endlich auf den richtigen Weg kamen. Es ging steil bergauf und motivierende Schilder teilten einem mit, wenn man wieder einen Viertel der Höhe gemeistert hatte.

Vom Gipfel auf etwas weniger als 600 Meter genossen wir eine schöne Aussicht auf die Umgebung und die nebelüberzogenen Berge. Einige der Gipfel waren bereits auf der Togolesischen Seite, da wir uns in Grenznähe befanden.

Nachdem wir gemeinsam mit ein paar unterhaltsamen Einheimischen Touristen aus der Hauptstadt nach unten gelaufen sind, liefen wir noch zum Tagbo Wasserfall. Der schöne Pfad führte uns zuerst durch diverse Plantagen und danach einem Bach entlang immer dichter in den Wald hinein. Schlussendlich endete das steile Tal und wir erreichten den mächtigen Wasserfall.

In einem kleinen Dorf sahen wir einen Weissen auf der Strasse gehen und fragten was er denn hier so treibe. Er war mit einem Freund vor vier Jahren hier einige Monate als Lehrer tätig und besuchte die Leute des Dorfes. Die beiden Deutschen boten uns einen Platz zum Schlafen an und wir tauschten uns beim Abendessen über unsere Erfahrungen in Ghana aus.

Nachdem wir das kleine verschlafene Dorf wieder verliessen und ein Stück auf der kaputten Hauptstrasse fuhren, ging es plötzlich extrem steil hoch. Anstiege um die 20% und Serpentinen wie auf einer Passstrasse in den Alpen liessen uns schwitzen und atmen wie ein altes Pferd. Nach anstrengenden 350 Höhenmeter, entschieden wir uns trotz müden Beinen, weitere 250 m in das höchstgelegene Dorf Ghanas zu absolvieren. Direkt nach unserer Ankunft fing es sintflutartig an zu regnen und wir konnten uns glücklich schätzen das Bergdorf rechtzeitig erreicht zu haben. Den nahegelegenen Berggipfel liessen wir aufgrund der anwesenden Nebelschwaden aus und fuhren die Strasse wieder runter. Bald ging es sogar noch steiler runter und wir genossen die schöne Aussicht auf die umliegenden Berge.

Nach der letzten Nacht in Ghana, assen wir das letzte Mal «Coco» zum Frühstück. Dieser Brei wird aus Maispulver, Ingwer, Chili und heissem Wasser hergestellt. Kurz vor dem letzten Ort vor der Grenze, sahen wir Frauen, Männer und sogar Kinder in kleinen Steinbrüchen arbeiten und wir fühlten uns hunderte Jahre zurückversetzt.

Am Zoll angekommen, konnten die anwesenden Beamten kaum glauben, dass wir wirklich aus Europa alles mit dem Fahrrad bis hierhin gefahren sind. Wir beantworteten die Fragen der erstaunten Ghanaer und dasselbe Spiel wiederholte sich bei der Immigrationsbehörde. Bei diesen Gesprächen wurden wir nochmals daran erinnert wie gerne die Leute in Ghana lachen und verliessen das Land mit einem schönen Abschluss.

Ghana wurde 1957 als erste Kolonie im tropischen Afrika unabhängig. Die bekannteste Person Ghanas ist vermutlich Kofi Atta Annan, der durch seine Position bei der UN berühmt wurde. Nach der Elfenbeinküste ist Ghana der zweitgrösste Kakaoexporteur weltweit. Viele Bauern verdienen weniger als 1 USD pro Tag und leben darum in Armut. Ghana ist ausserdem der zweitgrösste Goldproduzent in Afrika hinter Südafrika. Fast ein Drittel aller Pkw auf Ghanas Strassen sind aus Südkorea und wir sahen auch viele Leute mit koreanischen T-Shirts anstatt Chinesischen.

Anhand vom Vornamen weiss man in Ghana sofort an welchem Tag eine Person geboren wurde. Darum gibt es in vielen Teilen des Landes nur vierzehn Vornamen. Wenn ein Elternpaar mehrere Kinder am selben Wochentag kriegt, gibt es Abhilfen und generell sind auch immer mehr Spitznamen wie Skorpion verbreitet. Anhand dieser interessanten Namensgebung weiss man schnell, dass Kofi Annan an einem Freitag geboren wurde.

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