Zentralghana – Grenze Togo

(Last Updated On: September 11, 2019)

1. September – 10. September 2019:

Immer wieder schlafen wir in nicht fertig gestellten Häusern oder irgendwo im Busch. Man könnte meinen die Leute die uns dort sehen in unserem Zelt, würden vor Schreck fast umfallen und sofort hysterisch das ganze Dorf informieren. Erstaunlicherweise nehmen die Afrikaner diese neue Situation extrem locker und sehen unser Verhalten zwar als komisch, aber es stört sie nicht weiter.

Die letzten Wochen waren eher trocken und wir konnten dem Regen gut ausweichen. Allerdings regnet es in den letzten Tagen vermehrt und wir müssen pausieren, da wir nicht wissen wann die nassen Klamotten bei diesem feuchten Klima wieder trocknen würden.

Meistens fragen wir in Restaurants oder bei Häusern, ob wir unsere Wasserflaschen auffüllen konnten. Bisher war das nie schwierig und es gab immer irgendwo einen Kanister mit Wasser oder es war ein Ziehbrunnen in der Nähe. In Ghana trinken die Leute fast nur noch das Wasser aus den Plastikbeuteln und können überhaupt nicht nachvollziehen wieso wir diese nicht mögen. Wir müssen dann jedes Mal erklären, dass der leere Plastikbeutel am Boden landet und das nicht gut für die Umwelt ist. Schlussendlich kriegen wir meistens Wasser aus einem Gemeinschaftstank, der hier die Brunnen grösstenteils ersetzt.

Wir verliessen das Tal, welches umgeben ist mit Kalksteinformationen und fuhren in ein schmaleres Tal. Dort suchten wir zuerst vergeblich nach einem Wasserfall, welchen wir schlussendlich an einem komplett anderen Ort fanden. Anstatt den überrissenen Preis von 4 Euro für die Besichtigung zu bezahlen, suchten wir uns einen eigenen Pfad und kamen schlussendlich zum Ort wo das Wasser über mehrere Kaskaden hinunterfällt.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit fanden wir einen geeigneten Platz für unser Zelt und waren wiedermal erstaunt, trotz der Abgelegenheit Musik zu hören. In Afrika gilt nämlich die Devise, dass nur Musik mit maximaler Lautstärke gute Musik sein kann.

Eine längere Abfahrt führte uns aus dem niedlichen Tal. Anschliessend mussten wir einen Bergkamm überqueren, bevor wir mit einer schönen Aussicht auf die Volta-Region belohnt wurden. Wir konnten einen Teil des riesigen Stausees und den Volta Fluss sehen. Nach der holprigen Abfahrt verpflegten wir uns an einer Raststätte und beobachteten wie die Fernbusse während ihrem Halt von den zahlreichen Verkäuferinnen attackiert wurden. Von einem schlauen Mädchen erfuhren wir, dass diese Frauen jeweils vom Morgen bis spät abends ihre Produkte hier verkaufen. Zum Teil tragen diese über 20 kg auf ihrem Kopf und sind stundenlang der prallen Sonne ausgesetzt.

Kente ist ein Stoff der in der Elfenbeinküste und in Ghana hergestellt wird und früher nur von Königen getragen werden durfte. Direkt neben der Strasse sahen wir ein paar Webstühle und ein junger Mann war gerade in seine Arbeit vertieft. Wir fragten ob wir zusehen durften und dies wurde mit einem breiten Lachen bestätigt. Geschickt und in einem unglaublichen Tempo warf er die Kordeln durch die Fäden.

Direkt nachdem wir uns gewundert hatten wie gut die aktuelle Strasse war, kam plötzlich ein Schnitt und wir befanden uns auf einer schrecklichen Piste. Wir konnten auswählen zwischen einer sandigen Seite und einer mit Kies überhäuften Seite. Die Autos kamen aus allen Richtungen entgegen und der Staub setzte sich auf unseren schwitzenden Körpern fest.

Später nahmen wir einen Umweg in Kauf, damit wir der holprigen Piste ausweichen konnten. Normalerweise fragen wir immer Einheimische nach der Strassenqualität, doch diesmal nahmen wir naiverweise einfach an, der Asphalt würde uns treu bleiben.

Die regnerische Nacht hinter einer unfertigen Kirche war für Adrian wenig erholsam. Er musste mehrmals aus dem Zelt rennen, um aufs Klo zu gehen. Mitten in der Nacht kamen auch noch Fieberschübe hinzu. Bis wir eine Klinik erreichten, beklagte sich auch Fabian über Fieber und Kopfschmerzen. Der Malariatest ergab eindeutig eine Infektion bei Fabian und bei Adrian waren von drei Tests zwei negativ und einer funktionierte nicht.

Also sammelten wir die übrige Energie und fuhren zum nächsten Ort und fanden ein Spital. Adrians Blut wurde mit Hilfe eines Mikroskops auf Malaria und Typhus untersucht. Da diese Tests beide negativ ausfielen, gingen der Arzt von einer Mageninfektion aus.

Somit entschieden wir uns eine Bleibe zu finden und fragten beim Gerichtsgebäude eine Frau und einen älteren Herrn. Diese meinten es sei kein Problem im Gerichtssaal zu übernachten. Uns schien das ein wenig unpassend, aber beschwerten uns natürlich nicht. Wenig später mussten wir umziehen, da gewisse Leute nicht sonderlich begeistert waren und Sara organisierte uns ein Zimmer bei ihrem Bruder.

Sara besuchte uns ab und zu und wir unterhielten uns über die Lebensverhältnisse in Ghana. Sie war schon mittleren Alters und hatte immer noch keinen Partner, was sie offensichtlich beschäftigte. Immerhin glaubt sie, dass Gott das alles richten wird und darum sei das nicht so schlimm.

Die Stellung der Frau ist in Ghana speziell und wichtig. Alle Frauen betrachten eine Berufstätigkeit als selbstverständlich und die Quote von fast 80% bestätigt das. Spannenderweise tragen Frauen nie den Namen ihres Ehegatten, führen ein eigenes Bankkonto und dürfen ohne Verlust ihres Ansehens Kinder ohne Ehemänner haben.

Wir verbrachten viel Zeit im Zimmer und versuchten unsere kranken Körper zu schonen und schauten ab und zu einen Film auf unserem Computer. Nur zum Essen liefen wir durch die Kleinstadt und unterhielten uns mit den interessierten Leuten auf der Strasse.

Nach zwei Tagen fühlten wir uns beide bereits wieder besser und waren bereit weiterzufahren. Von überall her hörten wir Kirchengesang oder den Pfarrer predigen. In dieser Region und generell in Ghana gibt es viele verschiedene Kirchen und Sekten. Darunter sind Presbyterianer, Methodisten, AME-Zion, Heilsarmee, Zeugen Jehovas, Mennoniten, Baptisten, Lutheranische Kirchen, Wiedergeburtsgemeinden, Apostolische Gemeinden und Pfingstgemeinden. die man in der Schweiz kaum kennt. Manchmal hört man nur wirres Geschrei aus den Kirchen manchmal sieht man Leute tanzen und es gibt sogar Instrumente.

Vor der Abfahrt fanden wir glücklicherweise eine Muslimische Frau, die nicht zur Kirche ging und uns Frühstück verkaufen konnte. Die Strassen waren komplett leer und alle Geschäfte geschlossen.

Nach einigen Kilometern erreichten wir den Ort, der am Fusse des höchsten Berges in Ghana liegt. Wir stellten unsere Fahrräder in den Wald und versuchten einen Pfad zum Gipfel zu finden. Dies stellte sich von unserem Startpunkt etwas schwieriger heraus und wir kämpften uns durch dichten Dschungel, bis wir endlich auf den richtigen Weg kamen. Es ging steil bergauf und motivierende Schilder teilten einem mit wenn man wieder einen Viertel der Höhe gemeistert hatte.

Vom Gipfel auf etwas weniger als 600 Meter genossen wir eine schöne Aussicht auf die Umgebung und die nebelüberzogenen Berge. Einige der Gipfel waren bereits auf der Togolesischen Seite, da wir uns in Grenznähe befanden.

Nachdem wir gemeinsam mit ein paar unterhaltsamen Einheimischen Touristen aus der Hauptstadt nach unten gelaufen sind, liefen wir noch zum Tagbo Wasserfall. Der schöne Pfad führte uns zuerst durch diverse Plantagen und danach einem Bach entlang immer dichter in den Wald hinein. Schlussendlich endete das steile Tal und wir erreichten den mächtigen Wasserfall.

In einem kleinen Dorf sahen wir einen Weissen auf der Strasse gehen und fragten was er denn hier so treibe. Er war mit einem Freund vor vier Jahren hier einige Monate als Lehrer tätig und besuchte die Leute des Dorfes. Die beiden Deutschen boten uns einen Platz zum Schlafen an und wir tauschten uns beim Abendessen über unsere Erfahrungen in Ghana aus.

Nachdem wir das kleine verschlafene Dorf wieder verliessen und ein Stück auf der kaputten Hauptstrasse fuhren, ging es plötzlich extrem steil hoch. Anstiege um die 20% und Serpentinen wie auf einer Passstrasse in den Alpen liessen uns schwitzen und atmen wie ein altes Pferd. Nach anstrengenden 350 Höhenmeter, entschieden wir uns trotz müden Beinen, weitere 250 m in das höchstgelegene Dorf Ghanas zu absolvieren. Direkt nach unserer Ankunft fing es sintflutartig an zu regnen und wir konnten uns glücklich schätzen das Bergdorf rechtzeitig erreicht zu haben. Den nahegelegenen Berggipfel liessen wir aufgrund der anwesenden Nebelschwaden aus und fuhren die Strasse wieder runter. Bald ging es sogar noch steiler runter und wir genossen die schöne Aussicht auf die umliegenden Berge.

Nach der letzten Nacht in Ghana, assen wir das letzte Mal «Coco» zum Frühstück. Dieser Brei wird aus Maispulver, Ingwer, Chili, heissem Wasser und anderen Gewürzen hergestellt. Kurz vor dem letzten Ort vor der Grenze, sahen wir Frauen, Männer und sogar Kinder in kleinen Steinbrüchen arbeiten und wir fühlten uns hunderte Jahre zurückversetzt.

Am Zoll angekommen, konnten die anwesenden Beamten kaum glauben, dass wir wirklich aus Europa alles mit dem Fahrrad bis hierhin gefahren sind. Wir beantworteten die Fragen der erstaunten Ghanaer und dasselbe Spiel wiederholte sich bei der Immigrationsbehörde. Bei diesen Gesprächen wurden wir nochmals daran erinnert wie gerne die Leute in Ghana lachen und verliessen das Land mit einem schönen Abschluss.

Ghana wurde 1957 als erste Kolonie im tropischen Afrika unabhängig. Die bekannteste Person Ghanas ist vermutlich Kofi Atta Annan, der durch seine Position bei der UN berühmt wurde. Nach der Elfenbeinküste ist Ghana der zweitgrösste Kakaoexporteur weltweit. Viele Bauern verdienen weniger als 1 USD pro Tag und leben darum in Armut. Ghana ist ausserdem der zweitgrösste Goldproduzent in Afrika hinter Südafrika. Fast ein Drittel aller Pkw auf Ghanas Strassen sind aus Südkorea und wir sahen auch viele Leute mit koreanischen T-Shirts anstatt Chinesischen.

Anhand vom Vornamen weiss man in Ghana sofort an welchem Tag eine Person geboren wurde. Darum gibt es in vielen Teilen des Landes nur vierzehn Vornamen. Wenn ein Elternpaar mehrere Kinder am selben Wochentag kriegt, gibt es Abhilfen und generell sind auch immer mehr Spitznamen wie Skorpion verbreitet. Anhand dieser interessanten Namensgebung weiss man schnell, dass Kofi Annan an einem Freitag geboren wurde.

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