24. Februar – 1. März 2020:
Begleitet von David und Mags fuhren wir entlang der Haupstrasse südlich aus der Grossstadt. Die beiden begeisterten Biker verliessen uns nach einer Weile und fuhren auf anspruchsvolleren Pfaden zurück.
Trotz Adrians Bauchschmerzen kamen wir einigermassen gut vorwärts. In einem kleinen Restaurant sahen wir plötzlich einen Tourenfahrer und hielten an, um hallo zu sagen. Der 70-jährige Henk machte gerade ein Nickerchen und war ziemlich überrascht zwei weisse Radfahrer zu sehen als er aufwachte. Der topfite Holländer startete in Marokko und hatte ebenfalls Südafrika als Ziel.
Wir unterhielten uns eine Weile und setzten diese Gespräche in einem anderen Restaurant fort. Die Zeit flog und wir mussten unbedingt weiter, da wir alle drei das Resort „Carpe Diem“ erreichen wollten. Bis dahin waren es noch 50 km und wir mussten uns beeilen, um vor der Dunkelheit anzukommen. Nachdem wir den mächtigen Kwanza-Fluss überquerten, fuhren wir voraus und erreichten nach einigen Hügeln endlich das Resort. Nach Einbruch der Dunkelheit erreichte auch Henk das Ziel. Der humorvolle und grosszügige Besitzer zeigte uns wo wir das Zelt aufstellen konnten, bot uns eine Suppe und eine Dusche an.
Paulo lud uns ein das Frühstücksbuffet zu nutzen und wir schlugen so richtig zu. Es gab alles was sich drei hungrige Radfahrer wünschten. Am Nachmittag entspannten wir am wunderschönen Sandstrand und Paulo zeigte uns den drei Kilometer entfernten Surfstrand inklusive Bar. Am selben Ort auf einem Hügel begann er mit dem Bau einiger Ökohäuser mit wunderbarer Aussicht auf den Strand. Der gescheite Ingenieur weiss genau was sich die Touristen wünschen und erfüllt mit den Unterkünften aus lokalen Materialien ebenfalls seine eigenen Träume.
Der Karneval und somit das verlängerte Wochenende waren wieder vorbei und aus diesem Grund leerte sich über Nacht auch das Resort. Adrians Magenbeschwerden hielten ihn die halbe Nacht auf Trab und somit waren seine Energiereserven noch tiefer als bei der Ankunft. Trotzdem versuchten wir ein paar Kilometer zu strampeln. Fabian übernahm vorne das Zepter und dank dem flachen Terrain und nur Wind von der Seite, kamen wir erstaunlich gut vorwärts.
Nach etwa eineinhalb Stunden holten wir Henk auf, der gerade einen Platten reparierte. Die Gegend wurde definitiv immer trockener und immer mehr Kakteen und dornige Büsche zierten die Landschaft.
Von Bas, einem holländischen Tourenfahrer, bekamen wir die Telefonnummer eines Bauern auf unserem Weg und durften dort übernachten. Henk erreichte den Bauernhof kurz vor der Dunkelheit und wir teilten unsere ergatterten Lebensmittel.
Das moskitoreiche, sumpfige Tal liessen wir hinter uns und erreichten zur Mittagszeit die erste wirkliche Stadt seit Luanda. Wir assen einen grossen Teller Reis mit lokalem Fisch. Die Sonne hat hier so viel Kraft, dass unser Solarpanel im Nu voll geladen war.
Die Gegend wurde wieder hügliger und in der weiten Ferne erblickten wir bereits die hohen Berge, welche uns in ein paar Tagen erwarteten. An einem Strassenstand kauften wir uns leckere Ananas, Bananen und Karotten, um die leeren Speicher wieder aufzufüllen. Henk wollte nicht so weit fahren wie wir und somit trennten sich unsere Wege wieder.
Seit wir Luanda verliessen, fiel uns auf, dass die landwirtschaflichen Flächen professioneller und systematischer bewirtschaftetet wurden. Dies liegt daran das Grossgrundbesitzer Leute anstellen, welche die Felder betreiben. Meistens sahen wir Mais- oder Kartoffelfelder.
Immer wieder mussten wir steile Hügel erklimmen. Danach führte uns die Strasse in das nächste Tal und wir hatten jeweils eine schöne Aussicht auf das Meer und die steil ins Wasser abfallenden Klippen. Angola ist ausserdem bekannt für seine zahlreichen und wunderschönen Sandstrände.
Bald verliessen wir die Küste und fuhren ein wenig landeinwärts und näherten uns der Bergkette. Schöne Felsformationen waren ersichtlich und wir genossen diese willkommene Abwechslung. In den winzigen Dörfern strahlten jeweils die freundlichen Einheimischen und schenkten uns ein riesiges Lächeln.
Nach einer eher kalten Nacht setzen wir die Fahrt in den Hügeln fort. Es ging hoch und runter im Minutentakt und unsere bereits müden Beine signalisierten, dass sie eine Pause nötig hätten. Die Luft wurde spürbar trockener und gleichzeitig änderte sich auch das Landschaftsbild. Die Szenerie erinnerte uns an Südspanien oder Marokko.
Trotz starkem Wind erreichten wir Lobito und somit die Küste. Danach ging es 40km flach an der Küste entlang bis wir die Grossstadt Benguela erreichten. Dort hatten wir uns mit Mario verabredet, ein Bekannter von David und Mags, welche wir in Luanda kennengelernt hatten. Er lud uns zum Essen ein und wir durften uns in seinem Gästehaus einrichten. Am Abend sahen wir uns den Sonnenuntergang von einem wunderschnönen Aussichtspunkt an. Danach kochte Mario und seine Freundin ein leckeres Nachtessen für uns und wir feierten die Überschreitung der 30‘000km Marke und das definitive Ende von Adrians Magenproblemen.
Der energetische Südafrikaner ging frühmorgens mit Fabian Speerfischen am nahegelegenen Strand. Danach musste Adrian zum Zahnarzt, da er seit Monaten Beschwerden hatte beim Essen und diese immer mehr zunahmen. Der einheimische Zahnarzt sprach kein Wort Englisch und mit Hilfe einer Übersetzerin klappte die Kommunikation mehr oder weniger. Der Arzt sah das Loch sofort und flickte es gleich. Amüsant war die Assistentin, welche die ganze Zeit ihr Baby auf dem Rücken trug, typisch afrikanisch halt. Nachdem die Betäubung nachliess, verspürte Adrian noch mehr Schmerzen beim Essen als vorher und war deswegen beunruhigt.
Am Nachmittag erreichte auch Henk Benguela und gesellte sich dank Marios Grosszügigkeit zu uns. Er fand im Anbau des Gästehauses ein Zimmer. Am Abend lud uns Mario alle zu einem leckeren, lokalen Abendesssen ein und zeigte uns eine Fischverarbeitungsanlage seiner Firma.
Mario lebt in einer riesigen Villa und in der Nähe leben Einheimische in selbstgebauten Metallbaracken. Diese Gegensätze sind in Angola sehr präsent und man sieht sie jeden Tag. Neben den topmodernen Einkaufszentren aus Südafrika sieht man teure Autos, schicke Restaurants und pompöse Regierungsgebäude. Leider geniessen diesen Luxus nur ein paar Wenige der Gesamtbevölkerung.
Immerhin scheint der Unterschied zwischen den Weissen und den Schwarzen in Angola weniger extrem auf der menschlichen Ebene. Die Portugiesen haben sich zur Zeit der Koloniaisierung mehr mit der einheimischen Bevölkerung vermischt und darum gibt es viele „weisse“ Angolaner. Dies haben wir in den Anglophonen und Frankophonen Ländern Afrikas nie gesehen und Weisse wurden dort wie Leute einer anderen Klasse behandelt.