15. Februar – 23. Februar 2020:
Auf der Angolanischen Seite herrschte ein ähnliches Chaos und wir waren froh das Immigrationsgebäude nach einem Tor zu sehen. Die freundlichen, mit ein wenig Englisch ausgerüsteten Beamten erledigten die Arbeit effizient und wir durften sogar hinter dem Gebäude übernachten. Ein wenig später kam noch die Polizei und versuchte uns auf Portugiesisch zu erkären, dass sie ein Foto von uns brauchten, um dem Hauptquartier zu senden.
Mit Händen und Füssen versuchten wir unser restliches Geld aus dem Kongo und ein paar Dollar in Angolanische Kwanzas zu tauschen. Zum Glück fanden wir in den meisten Dörfern jemanden der ein wenig Französisch sprach und uns mit der Kommunikation half.
In jedem Dorf hielten die Leute den Daumen hoch und riefen „Amigo“. Vorallem die Kinder waren sehr energisch und rannten uns begeistert hinterher. Die meisten Fahrzeuge die uns begegneten waren umfunktionierte Motorräder mit einer Ladefläche, welche die Leute vom Feld zurück ins Dorf transportierte. Diese in Asien sehr beliebten und „Tuk Tuk“ genannten Transporter, waren lustigerweise mit „Keweseki“ angeschrieben.
In der ersten Stadt kauften wir mit Mühe eine SIM-Karte und Internet. Nachdem wir nach der Grenze nochmals stückweise Piste fahren mussten, begleitete uns danach eine ziemlich gute Asphaltstrasse. Die hüglige Savannenlandschaft und die Hitze zehrte an unseren Kräften und schliesslich durften wir in einem noch nicht fertiggestellten Krankenhaus übernachten.
Die einzigen zwei Männer des Dorfes die Französisch sprachen, gaben sich alle Mühe und versorgten uns mit Früchten, Maniok und Zuckerrohr für das Frühstück. Ein paar Kinder hatten einen kleinen Vogel gefangen und hielten ihn als Haustier. Anfangs sagten wir noch witzelnd, dass der Vogel nicht alt wird, so wie ihn die Kinder behandelten. Eine Stunde später war der Vogel bereits tot und wir erfuhren, dass die Kinder den Vogel eigentlich nur gefangen hatten, um ihn zu verspeisen.
Der Regen setzte ein und liess uns bei Abfahrten frieren, da die vielen steilen Hügel unsere Fahrräder enorm beschleunigten. Bis am Abend hörte der Regen nicht mehr auf und wir fragen ein paar Jungs, ob sie ein Plätzchen für uns hätten. Wir durften in ihrem kleinen Wohnzimmer übernachten.
Leider bemerkte Adrian auf den letzten Kilometern, dass sein Freilauf wieder ab und zu durchdrehte und wir somit nicht mehr weit fahren konnten, bis der Antrieb komplett streiken würde. Immerhin kamen wir seit der letzten Reperatur 440km weiter.
Am Morgen suchten wir einen Fahrradmechaniker im relativ grossen Dorf, um den Freilauf zu öffnen und eventuell zu reinigen, damit wir vielleicht wenigstens die Küste erreichen konnten. Als wir das Problem zum ersten Mal im Kongo hatten, kontaktierten wir bereits einige Fahrradmechaniker in Luanda, der Hauptstadt Angolas. Einer meinte, er fand bereits einen Ersatz und wir versuchten abzuklären, ob es möglich wäre den zu uns schicken zu lassen.
Schnell fanden wir heraus, dass es keinen Fahrradmechaniker gab im Dorf und ein paar Motorradmechaniker halfen uns den Freilauf erneut zu öffnen. Auch sie mussten ein Werkzeug zusammenbasteln und konnten schon nach kurzer Zeit das komplexe Teil öffnen. Wir reinigten das Innere des Freilaufs und optimierten die Anordnung der kleinen Kügelchen und Metallringe.
Wie uns die talentierten Mechaniker auf Portugiesisch wahrscheinlich schon länger sagten, funktionierte der Antrieb nach dem Zusammenbauen wieder einwandfrei. Die Frage war nur für wie viele Kilometer. Schliesslich waren es immer noch über 400 km bis zur Hauptstadt.
Somit nahmen wir die Strasse hinunter zur Küste in Angriff und kamen effizient vorwärts, trotz des späten Starts. Ein heftiges Gewitter zog auf und plötzlich regnete es wie aus Eimern. Wir waren innerhalb von ein paar Minuten klitschnass. Die Leute, die vom Feld zurückkehrten, waren trotz dem heftigen Regen bester Laune und grüssten uns jeweils mit einem riesigen Lachen. Manchmal erstaunt es uns schon wie die Leute so glücklich sein können mit so wenig in ihrem Besitz. Nach einem Tag harter Arbeit auf dem Feld, kehren sie jeweils zurück in ihre schäbigen Blechhütten, die grösstenteils nicht einmal komplett wasserdicht sind und verbringen mit einem halbwegs funktionierenden Licht ihren Abend.
Seit wir die Küste erreichten, ist die Luft feuchter, es hat wieder mehr Bäume und die Gegend ist noch weniger dicht besiedelt als vorher. Es war sehr schwierig etwas zu Essen zu finden und Wasser gab es nur aus dem Bach oder Regenwasser. Für uns überhaupt kein Problem, denn wir sind uns bereits an dieses Wasser gewöhnt.
Die Landschaft wurde klar von den mächtigen Affenbrotbäumen (auch Baobabs) dominiert. An die hüglige und etwa zehn Meter breite Hauptstrasse Richtung Hauptstadt haben wir uns gerne und schnell gewöhnt nach den anspruchsvollen Pisten im Kongo.
Nach einer unruhigen Nacht dank tausender Moskitos in und um unser Zelt, assen wir vier riesige Papayas und begaben uns auf die verlassene Strasse. Kaum auf der Strassse wurden wir wie die Tage zuvor von Dutzenden Bremsen attackiert, welche sich im Windschatten auf unsere Taschen setzten und uns von dort in den Rücken oder den Hintern zu stechen versuchten. Der jeweils vorne Fahrende hatte Glück, da er von hinten gewarnt wurde wenn eine Bremse sich irgendwo setzte.
Leider ging uns am Vortag die lokale Währung aus, da wir die Preise unterschätzten und wir suchten vehemment nach einem Geldwechsler. Leider wollte niemand zu einem anständigen Schwarzmarktkurs wechseln und wir mussten etwa 90 km fahren mit nur dem kalorienarmen Frühstück im Bauch.
Im stinkenden und staubigen Stadtverkehr kämpften wir uns auf der breitspurigen Hauptstrasse durch die Slums der Vorstadt und winkten den vielen Frauen und Kindern am Strassenrand zu. Die Leute leben in minimalen Bauten aus Abfall und müssen ihr Wasser mit Kanistern aus grosser Entfernung besorgen.
Kurz darauf erblickten wir die immense Skyline der Grosstadt. Durch den Ölreichtum Angolas gibt es viele Wolkenkratzer und Investitionen. Das Geld fliesst wie man es in ressourcenreichen Gegenden kennt, aber die Einkommensschere könnte nicht grösser sein. Am schön ausgebauten Ufer fuhren wir zum Segelclub „Club Naval“, wo Reisende gratis übernachten und duschen dürfen. Kurz nachdem wir das Zelt auf dem Parkplatz aufgestellt hatten, zog ein heftiger Sturm auf und der Abendhimmel färbte sich auf der ganzen Breite schwarz. Während Adrian sich duschte, erfasste eine Windböe das Zelt und eine Zeltstange brach an zwei Stellen. Der Regen setzte ein und Fabian konnte nur mit Mühe das klitschnasse Zelt festhalten bis Adrian zurück war, um das Material in einen geschützten Bereich zu bringen. Zum Glück bot uns der Besitzer einen Raum an für die Nacht, damit wir nicht im nassen Zelt schlafen mussten und dem starken Regen ausgesetzt waren. Auf dem Parkplatz lernten wir ein Holländisches und ein Engländisches Pärchen kennen, welche per Fahrzeug den Kontinent bereisen und tauschten uns über unsere bisherigen Erfahrungen in Afrika aus.
Wir verabschiedeten uns von den beiden Pärchen und fuhren entlang der Promenade zum ersten Fahrradladen. Gicate ist ein topmoderner Fahrradladen mit Sportkleidern, Luxusfahrrädern für mehrere Tausend Euro und einer perfekt ausgestatteten Werkstatt. Der symphatische Besitzer namens Nuno sah sich unsere Fahrräder an und erklärte seinem besten Mechaniker unsere Probleme. Der proffessionelle Ex-Radfahrer sah sofort was alles nicht stimmte und nahm beide Fahrräder Schritt für Schritt auseinander, reinigte gewisse Teile und ersetzte ein Kugellager bei der vorderen Nabe und den Freilauf der uns schon länger Sorgen bereitete. Wir waren schon länger in Kontakt mit Nuno und sein Mechaniker hielt schon seit einer Woche Ausschau für das kleine schwer zu findende Teil und fand wirklich eines.
Dies dauerte fast den ganzen Tag und der nette, ruhige Mechaniker arbeitete ohne Pause an unseren Fahrrädern bis die meisten Problemchen behoben waren. Nuno verechnete uns einen Minimalpreis, der eher einem Trinkgeld glich und wünschte uns eine gute Reise. Kurz vor dem verlassen des Lokals wechselte uns ein freundlicher Kunde sogar noch Dollar in die lokale Währung (Kwanza) für einen super Kurs.
Etwa fünfzehn Kilometer südlich besuchten wir einen zweiten Fahrradladen mit dem Namen Link Connection und wurden enthusiastisch empfangen. Sofort wurden Fotos mit uns geschossen und wir wurden gefeiert als wären wir bereits in Kapstadt angekommen. Die begeisterten Radfahrer schenkten uns je ein Trikot und ein paar Socken mit der Aufschrift des Fahrradladens.
Wenig später erreichten wir die Residenz des Lehrerpaares Mags und David, welche wir über Warmshowers kontaktierten. Die zuvorkommenden Globetrotter kochten ein leckeres Nicht-Afrikanisches Gericht für uns.
Wir genossen den Luxus einer Klimaanlage, eines Sofas und einer Dusche einmal mehr und führten interessante Gespräche mit dem weitgereisten Pärchen. Die beiden arbeiteten bereits in einigen internationalen Schulen im asiatischen Raum und sind bereits acht Jahre in Angola. Bald nehmen die Fahrradbegeisterten eine einjährige Auszeit, um Südamerika mit dem Fahrrad zu erkunden.
Einmal erkundeten wir zusammen mit Bruce, einem Lehrerfreund, ein hippes, lokales Restaurant und an einem anderen Abend schauten wir einen Film in der gemütlichen Wohnung. Der Schulcampus bietet einen Pool, einen Tennisplatz und eine grosszügige Bibliothek.
Bereits ein paar Tage zuvor kam ein neues Solarpanel inklusive Batterie per Post in Angola an, grosszügigerweise gesponsert von unserem gemeinsamen Freund Tinu (Solarmaa). Das vorherige Panel gab seinen Geist bereits in Guinea auf.
Trotz guter Kost und sauberem Trinkwasser bekam Adrian starke Bauchschmerzen und hatte fast keinen Appetit. Normalerweise gingen diese Beschwerden nach einigen Tagen unbehandelt wieder weg und somit warteten wir ab.
In topmoderen Computerlabor von Sintese konnten wir zu unserer grossen Überraschung die Speicherkarte des kaputten Laptops auslesen. Fernanda, die nette Abteilungsleiterin verrechnete uns nicht einmal etwas und war überglücklich uns in dieser Notlage helfen zu können.