20. Juli – 28. Juli 2019:
Unsere erste Nacht in der Elfenbeinküste verbrachten wir auf der Veranda eines Restaurants, direkt neben der Strasse. In der benachbarten Bar lief bis nach Mitternacht laute afrikanische Popmusik und bereits um sechs Uhr morgens öffnete das Restaurant wieder. Eine weniger erholsame Nacht!
Nachdem wir am Vortag eine glatte Piste unter unseren Rädern hatten, war heute mehr Asphalt im Spiel und wir kamen besser voran. Anstatt mit «hello» grüssen uns die Leute wieder mit «bonjour» und wir müssen uns einmal mehr mit der französischen Sprache auseinandersetzen.
Unser Freund Nico, den wir seit Monrovia nicht mehr gesehen hatten, empfahl uns einen Strand hinter einem kleinen Dorf. Wie es in Afrika schon öfter der Fall war, lernten wir Prince, den Bruder des Besitzers des Strandabschnittes, bereits in der vorherigen Stadt kennen. Er eskortierte uns zu zum wundervollen, mit Palmen gesäumten Sandstrand, zeigte uns das Dorf und kochte ein leckeres Abendessen für uns.
Die Männer des Dorfes umsorgten uns während des ganzen Aufenthalts wie in einem Luxusresort und fragten uns jeweils was wir essen wollten. Für diese ganze Arbeit wollten sie nicht einmal Geld und bedankten sich bei uns für unseren Besuch. Die Höhepunkte von Prince Kochkünsten waren frischen Fisch, Schnecken aus dem Busch und das innere einer Palme an einer köstlichen Sauce und natürlich tonnenweise Importreis.
Während des europäischen Winters fischen die Männer mit Adoniskörpern ausgestattet mit Flossen und Harpune bis auf eine tiefe von 15m Langusten und andere Meeresbewohner. Momentan entspannen die Fischer im Dorf und trinken viel Zuckerrohrschnaps.
An einem Nachmittag liefen wir dem Strand entlang, um eine Luxusunterkunft aufzusuchen, welche ein Italiener führt. Das längere Gespräch mit dem Afrikakenner war sehr interessant und es war schön wieder einmal einen Italiener gestikulieren zu sehen.
Während dem Erkunden des Dorfes sahen wir eine Frau von oben bis unten tätowiert und fragten ob das permanent sei. Die Frau meinte das Muster auf ihrem Körper sei eine Tradition in ihrem Stamm und es wäre nach zwei Wochen wieder weg. Noch am selben Tag bekamen wir auch ein solches Tattoo. Adrian die Umrisse Afrikas und Fabian unser Cape2Cape Logo.
Wir fühlten uns einiges besser und entschieden uns den Traumstrand zu verlassen und uns auf den weiteren Weg nach Abidjan zu machen. Für eine Nationalstrasse und Hauptverbindungsachse zwischen West und Ost ist die Strasse in einem miserablen Zustand. Vor allem nach San Pedro, welche den zweitgrössten Hafen des Landes hat, hatte es Schlaglöcher in der Grösse von Schützengräben. Die Strasse führte uns an vielen Kakao-, Kautschuk- und Reisplantagen vorbei und viele Leute grüssen uns mit einem grossen Lachen auf dem Gesicht. Seit wir das Land betreten haben, begegnen uns erstaunlich viele Fahrradfahrer. Zum Teil sahen wir Männer beladen mit etlichen Kilogramm Holz oder Frauen mit einem Kind auf dem Rücken und eines vorne auf der Stange. Schlussendlich entschieden wir uns wegen des schönen Wetters in einem Kautschukwald zu campen.
Die erste Phase der Regenzeit in der Elfenbeinküste geht langsam zu Ende, bevor es im September wieder anfängt. Seit einigen Tagen scheint die Sonne wieder mehr und unser Teint wird definitiv wieder dunkler.
Die Elfenbeinküste ist bekannt für grossflächigen Kakaoanbau. Mit Abstand führen sie die weltweite Produktion von Kakao an und liefern 30% des weltweiten Gesamtkakaos. Zwei Drittel der Handelseinnahmen sind auf den Verkauf der beliebten Bohne zurückzuführen. Aufgrund der ungenügender Investitionssicherheit werden die Kakaobohnen jedoch nur bis zur Trocknung bearbeitet. Vor vielen Häuser sahen wir die braunschwarzen Bohnen zu Tausenden ausgelegt auf riesigen Planen. Das Kilogramm verkaufen die Kleinanbauer für weniger als 2 Euro.
Mit schönem Vogelgezwitscher und lautem Grillengezirpe schliefen wir ein. Um Mitternacht klingelte der Wecker, da wir den Blog aktualisieren wollten. Das Abonnement des lokalen Anbieters gab uns 1 GB Internet als Bonus von Mitternacht bis 6.00 Uhr morgens und dies nutzten wir natürlich.
Wir zogen an vielen kleinen Dörfern mit kleinen Marktständen und farbig gekleideten, aufgestellten Frauen vorbei. Bananen und nicht frittierte Snacks fanden wir allerdings erst nach über 50 km. In der Elfenbeinküste sind viele Leute hell begeistert von unserer Tour und wir haben das Gefühl zum ersten Mal seit längerer Zeit verstehen sie auch das Ausmass unseres Unterfanges. Im Gegensatz zu Liberia gibt es wenige Strassensperren der Polizei und den Pass mussten wir bis jetzt nur zweimal zeigen. Dafür sind die uniformierten Polizisten mit Pistolen oder Gewehren ausgestattet.
Leider mussten wir einen weiteren Sturz in die Statistik aufnehmen. Adrian musste wegen einem Schlagloch stark bremsen und Fabian war nicht gefasst, stürzte seitlich und rutschte etwa zwei Meter auf dem kiesigen Untergrund weiter. Ausser ein paar Schürfunden passierte glücklicherweise nichts.
Ausnahmsweise nicht von früh aufstehenden Dorfbewohner oder Tieren geweckt, erwachten wir gemütlich und verliessen die riesige Palmölplantage in Richtung Abidjan. Die Produktion an Palmöl in der Elfenbeinküste spielt im Vergleich zu Malaysia oder Indonesien kaum eine Rolle, aber nichtsdestotrotz gehört es zu den Ländern mit den zehn grössten Produktionsmengen. Viele orangefarbene Eidechsen huschten in einem Höllentempo über die Strasse und konnten froh sein dort heil anzukommen.
Beim Essen in einem gut ausgestatteten Restaurant, waren wir erstaunt wie viele Frauen mit Kinder oder einzelne Frauen dort einkehrten. Traurigerweise rührten sie ihr essen kaum an und verliessen das Restaurant wieder und das Essen landete teilweise im Müll. Eine solche Situation ist uns in den letzten paar Ländern nie unter die Augen gekommen und löste einen reziproken Kulturschock aus.
Mit Abidjan erreichten wir den nächsten Meilenstein auf unserer Reise. Kurz vor dem Erreichen der Stadt sahen wir Dutzende Männer die riesige Berge von Kleider wuschen im braunen Wasser eines kleineren Flusses. Wir waren froh mit Adrians Fahrrad die Grossstadt erreicht zu haben und wurden sogleich von Nicolas unserem Gastgeber empfangen. Der Franzose mit äthiopischen Wurzeln lebt hier seit mehr als einem Jahr und fuhr selber mit dem Tourenrad durch Ghana im letzten Monat.
Seit einem Monat konnten wir nicht mehr europäisch Duschen und darum freuten wir uns extrem wiedermal unsere Körper mit heissem Wasser waschen zu können.