Grenze Benin – Cotonou

(Last Updated On: Oktober 8, 2019)

25. September – 6. Oktober 2019:

Auf der Beninischen Seite war rein gar keine Kontrolle und nach ein paar Kilometer erreichten wir eine brandneue Asphaltstrasse. Bei der Polizeistation bekamen wir unser Einreisestempel und durften gleich hinter dem Gebäude übernachten.

Von der Polizeistation aus organisierten wir eine lokale SIM-Karte und besichtigten ein Tata Haus. Gegenüber von unserem Schlafplatz besass eine Familie ein solches Haus und der freundliche Besitzer zeigte uns das Innere. Früher wurden diese Tata Häuser als Festungen gegen benachbarte Völker benutzt. Heute sind viele der eindrücklichen Gebäude zerfallen oder müssen jedes Jahr nach der Regenzeit renoviert werden. Die meisten Familien brauchen die Häuser nur noch zur Ausübung des Fetischismus (z.B. Voodoo).

Die brandneue Hauptstrasse führte uns über zwei Pässe auf ein Plateau. Der zweite Pass hatte es in sich und wir benutzen die noch nicht eröffnete Asphaltstrasse, welche uns den Aufstieg um einiges erleichterte. Die brennende Sonne trieb uns den Schweiss aus den Poren und wir waren froh, als wir die Stadt Natitingou erreichten. Beim Schweizer Projekt «Centre de Formation Liweitari» (CFL) erwartete uns bereits Benjamin, ein Schweizer der hier seinen Zivildienst absolviert. Wie es der Zufall will, ist er genau vor einem Tag hier angekommen. Joel, der uns die ersten Monate begleitet hatte, gab uns Bescheid, dass sein Cousin hierhin reist und er konnte uns einige Ersatzmaterialien mitnehmen.

Das CFL Projekt bildet in europäisch ausgestatteten Werkstätten Elektriker, Polymechaniker, Maurer und Schweisser aus. Um die Ausbildung der Lehrlinge zu unterstützen, werden jedes Jahr mehrere Zivildienstleistende aus der Schweiz eingeflogen.

Was uns weniger sympathisch ist, sind die Missionierungsabsichten des Projektes. Es ist nicht das erste Mal, dass wir ein tolles Projekt näher kennenlernen und plötzlich merken, dass einer der Grundgedanken in der Missionierung der einheimischen Bevölkerung liegt. Für uns wertet es das Projekt somit ein wenig ab bzw. gibt einen faden Beigeschmack.

In Zukunft möchte der Gründer des Projektes auch lokale Bauern fortbilden, da diese ineffizient arbeiten und beispielsweise die gesamte Biomasse verbrennen, anstatt einen Kompost anzulegen.

Zusammen mit Beni erkundeten wir die lokale Küche der Stadt und gönnten uns wiedermal einige Luxusgerichte wie Spaghetti Carbonara und Schawarma. Auf dem Markt fanden wir auch endlich Hundefleisch und waren erstaunt wie gut es schmeckt. Wir sind uns sicher, dass die meisten Leute den Unterschied zwischen Schweinefleisch und Hundefleisch aufgrund der Ähnlichkeit nicht merken würden. Die an kurzen Leinen gehaltenen Hunde vor den Garküchen würden sicher jeden Hundeliebhaber in Rage bringen.

Aus Abwechslung konnten wir wiedermal mit einem Auto einen Ausflug unternehmen und besuchten den Kota-Wasserfall, unweit der Stadt. Das kühle Wasser und die ruhige Atmosphäre liess uns dort einige Stunden verbringen. Eine Schweizer Missionarsfamilie aus der Französischen Schweiz war ebenfalls dort und lud uns kurzerhand zum Abendessen ein.

Seit ewiger Zeit assen wir keine Grilladen, «Spätzli» und Desserts mehr und deshalb schätzten wir die Kochkünste von Lucy und Damien umso mehr. Wir schlugen uns die Bäuche voll, schwammen im hauseigenen Pool und genossen die netten Gespräche trotz traditioneller Schweizer Sprachbarriere.

Lucy backte sogar einen Zopf extra für uns, schenkte uns ein Glas selbstgemachte Mango-Konfitüre und den restlichen Schokoladenkuchen.

Dank Beni konnten wir mit vier brandneuen Pneus weiterfahren und unsere Route mit einer neuen Sportuhr aufzeichnen. Mit den alten Pneus sind wir fast 20’000 km weit gekommen, was schon erstaunlich ist und die Qualität der Schwalbe Marathon Plus Reifen hervorhebt.

Ein weiterer heisser Tag liess uns so richtig schwitzen und vom Salz zeichneten sich schon früh weisse Spuren an unseren Shirts und Hosen ab.

Die Strasse welche uns ziemlich direkt südwärts führt, war vor mehreren Jahren asphaltiert. Jetzt gleicht sie mehr einem Flickenteppich und ist sehr mühsam zu befahren. Wenigstens hat es wenig Verkehr und der aufgewirbelte Staub hält sich in Grenzen.

Langsam verschwinden die mächtigen Affenbrotbäume wieder und die Landschaft wird üppiger. Im Gegensatz zu Senegal, sind die sogenannten Baobabs in der jetzigen Regenzeit grün und tragen hunderte Früchte.

In einem grösseren Dorf wollten wir unseren Laptop aufladen und fanden erstaunt heraus, dass es keinen Strom gibt. Dies hatten wir schon länger nicht mehr erlebt und zeigte uns, dass Benin doch weniger entwickelt ist, als wir zuerst annahmen.

Bei einer Pause fragten wir einen Jungen mit grossen, braunen Augen, ob er in die Schule gehe. Dieser verneinte traurig und sehr schüchtern. Der Junge meinte auf die Frage wieso denn nicht, dass nicht genügend Geld vorhanden ist. Solche Momente dringen tief ein und lassen uns wiedermal realisieren wie glücklich wir uns schätzen dürfen.

Ab und zu merkten wir, wie normal gewisse Dinge in Westafrika bereits für uns sind. Zum Beispiel essen die meisten Leute im Restaurant mit den Händen und schlecken danach genussvoll alle Finger ab. Ausserdem sehen wir am Strassenrand regelmässig eine Mutter mit einem riesigen Bündel Holz auf dem Kopf, gefolgt von ihren Kindern welche alle irgendetwas transportieren. Solche Szenen waren zu Beginn speziell, inzwischen fallen uns jedoch andere Dinge auf.

Eine regenreiche Nacht zeigte uns, dass die Regenzeit noch nicht zu Ende ist und wir uns noch ein bisschen gedulden müssen. Laut Statistiken sollte in dieser Region Westafrikas Ende Oktober die letzten Tropfen zu Boden fallen.

Je weiter südlich wir in Benin kommen, desto mehr Kinder und sogar Erwachsene fragen uns nach einem «cadeau» (Geschenk). Die meisten Leute begrüssen uns wenigstens noch freundlich mit «bonsoir» und fragen erst danach in einer Art Singsang nach einer Gabe. Einige schreien direkt «Yovo» (die Weissen), Geschenk und dies erfreut uns verständlicherweise nicht wirklich. Leider herrscht in Afrika der Irrglaube, dass alle Europäer bzw. Weissen reich sind und somit ohne Probleme etwas davon abgeben können.

Die Landschaft in Richtung der Beninischen Küste ist wenig spektakulär, nur einige Felsformationen konnten uns kurz beeindrucken, danach fuhren wir weiter der schnurgeraden Strasse entlang.

Seit wir von Natitingou weitergefahren sind, haben wir in fünf Tagen fast 500 Kilometer zurückgelegt. Der Hauptgrund für die schnelle Durquerung des Landes ist die Unsicherheit des Nigeria Visums. Entweder wir finden in Cotonou eine Lösung, um das Visum zu bekommen oder wir müssen leider direkt nach Kamerun fliegen. Ausserdem müssen wir noch weitere Visen für die nachfolgenden Länder organisieren.

In Abomey, der alten Königshauptstadt, stehen immer noch viele Paläste dieser Zeit. Wir fanden die Paläste eher uninteressant und liessen darum auch das Museum aus. Das Königreich existierte zwischen 1600 und 1894. Ein Hauptmerkmal dieser Zeit war der Sklavenhandel und brachte viel Geld in das damalige Reich.

Anstatt immer nur Asphaltstrasse zu fahren, entschieden wir uns eine Abkürzung über eine kleine Piste zu nehmen. Schon nach einigen hundert Metern waren wir schmutzig und nass, denn es hatte die letzten Tage wieder vermehrt geregnet. In einem kleinen Dorf fragten wir, ob wir ihren Voodoo Schrein anschauen dürfen, da wir in der Hauptregion dieser traditionellen Religion sind. Einer der einzigen Männer der Französisch sprach, erklärte uns ein wenig was ihre Tradition ist und wie eine Zeremonie abläuft.

Voodoo hat weltweit über 60 Millionen Anhänger und fand ihren Ursprung in Westafrika. Durch den Sklavenhandel kam die Praxis in die Karibik. Es gibt keine geschlossene Glaubensgemeinschaft und es gibt viele verschiedene Gruppierungen. An zentraler Stelle steht bei Voodooritualen das Opfer eines Tieres oder Genussmittel wie Rum oder Tabak. Zugleich spielt der Priester, die Gemeinschaft, das Fest und der Tanz zu Trommelmusik eine wichtige Rolle.

Seit langem haben wir wiedermal beim Dorfhäuptling nach einem Unterschlupf gefragt. Die Familie war eher zurückhaltend, aber hatte wie immer bis jetzt ein Zimmer für uns parat. Morgens warteten wir den heftigen Regen ab und unterhielten uns mit Händen und Füssen mit der Familie. Sie stellten interessante Fragen und wurden ebenfalls mit Fragen bombardiert. Beispielsweise wollten sie wissen, ob wir die gleichen Gerichte essen in Europa wie sie und wir fragten, ob Verhütungsmittel verwendet werden. Die Verneinung erstaunte uns wenig und erklärte die riesige Anzahl nackt herumrennender Kinder.

Die schlammige und schmale Piste führte uns durch wunderschöne Dörfer und zwischendrin wurde platzoptimiert Mais, Bohnen, Soja und Süsskartoffeln angepflanzt. Die Dörfer versinken in der aktuellen Regenzeit richtiggehend im Schlamm und die Leute gehen nur noch barfuss. An einer Kreuzung mitten im Nirgendwo assen wir einen Teller Reis mit Spaghetti und lehnten den Rattenkopf im Angebot mit gutem Gewissen ab.

Bei einem See durften wir in einem kleinen Dorf in einem Klassenzimmer übernachten und wurden den ganzen Abend von bettelnden und schreienden Kindern genervt.

Der nette Dorfchef schenkte uns beim Abschied sogar noch eine Plastikflasche voll mit Moringa, einer Pflanze die als Vorbeugung von Malaria gebraucht werden kann.

Dank flachen Terrain erreichten wir die Verwaltungshauptstadt Benins relativ schnell. Vorher machten wir noch einen Abstecher nach Ouidah zur Sklavenroute vom ehemaligen Sklavenmarkt zur Pforte ohne Wiederkehr, von wo die Sklaven über den Atlantik verschifft wurden.

Über Couchsurfing fanden wir eine amerikanische Familie, die uns für unseren Aufenthalt in Cotonou ein Dach über dem Kopf anbietet. Seit fast zwei Monaten genossen wir die erste warme Dusche und fühlten uns endlich wiedermal richtig sauber.

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