Namibia – Schweiz

28. März – 4. April 2020:

Somit befanden wir uns nun im Norden des Landes und unsere Fahrräder im abgeriegelten Windhuk. Unser Ziel musste sein, eine Bleibe zu finden für die nächsten Tage, Wochen oder sogar Monate. Die Abriegelung der zwei Regionen inklusive der Hauptstadt war eher kontraproduktiv, da diese einige Tage vorher bereits angekündigt wurde. Am Abend vor der Abschottung flüchteten Tausende Leute aus der Hauptstadt in alle Teile des Landes und verbreiteten somit potenziell den Virus.

Über Kontakte in Namibia kamen wir an die private Nummer vom Schweizer Konsul in Windhuk. Wir riefen ihn an, um zu schauen, was die momentane Ausgangslage war. Der Konsul Urs Gamma war sehr ruhig und meinte er sei froh, wenn es uns gut gehe im Norden des Landes und wir sollten momentan dortbleiben.

Inzwischen startete die Rückholaktion der Deutschen und es wurden die ersten Touristen zurück nach Deutschland geflogen. Anscheinend waren noch über 1500 Deutsche und 50 Schweizer in Namibia. Für die Schweiz lohnte es sich nicht, ein Flugzeug zu organisieren für die kleine Anzahl Staatsbürger, darum gab es eine Kooperation mit Deutschland.

Nach drei Nächten im Zelt auf dem schönen Campingplatz, half uns Nigel vom Fahrradprojekt, den Manager des Resorts und somit auch des Campingplatzes zu fragen, ob wir in ein Appartement wechseln konnten. Wir wollten nicht für eine unbestimmte Zeit im Zelt schlafen und ohne Küche, Stühle etc. auskommen. Das Schweizer Paar Regine und Walter bekamen für den Preis des Campings eine wunderschöne, topmoderne Wohnung und wir wollten fragen, ob wir diese Wohnung mit ihnen teilen konnten. Nigel, mit seinem gigantischen Netzwerk in Namibia, verwirklichte unseren Wunsch und wir konnten noch am selben Tag in das zusätzliche Zimmer der Wohnung einziehen. Bereits die Tage zuvor verbrachten wir viel Zeit in dieser Wohnung, um mit Walter und Regina zu plaudern, zu kochen oder einfach nur auf dem Sofa zu entspannen. Somit bildeten wir eine Schweizer Wohngemeinschaft und wir waren alle glücklich über diese langfristige Lösung. Endlich hatten wir eine Bleibe für längere Zeit gefunden und konnten zur Ruhe kommen.

Leider kam wieder alles anders und eine Frau rief Adrian über WhatsApp von der Nummer des Schweizer Konsuls an. Petra Illing, die Koordinatorin der Rückholaktion der gestrandeten Schweizer in Namibia, war völlig ausser sich und machte Adrian einige Minuten völlig zur Schnecke! Sie meinte, der Urlaub sei vorbei und wir sollten sofort nach Windhuk fahren. Nicht einmal der Grund ihres Anrufs war klar nach fünf Minuten Gespräch. Beim dritten Telefonat beruhigte sich die offensichtlich überforderte und unfreundliche Frau und wir erfuhren, dass Schweizer nach Hause geflogen werden. Man gab uns ein paar Stunden Zeit, um uns zu entscheiden, ob wir nach Hause wollten oder eventuell für eine lange Zeit in Namibia festsitzen wollten.

Sofort wurde die Ruhe in der erst gerade bezogenen Wohnung unterbrochen und wir diskutierten gemeinsam über unsere Situation und welche Entscheidung mehr Sinn machte. Für Walter und Regina war klar, dass sie so schnell wie möglich nach Hause wollten. Für uns war es weniger klar und wir wurden durch diesen Anruf völlig überrumpelt, da wir eigentlich von einem langen Aufenthalt in Namibia ausgegangen sind.

Nach längerer Diskussion entschieden wir uns auch für die Heimreise, da wir nicht wussten wie lange diese Krise andauern wird und wie sich die Ausgangslage in einem Drittweltland wie Namibia entwickeln würde. Ausserdem sah es in Südafrika, wo eine strikte Ausgangssperre herrschte, noch viel düsterer aus. Südafrika war unser nächstes Land auf der Route und dadurch stimmte uns dies nicht gerade zuversichtlich.

Eine Hautinfektion an Adrians Bein entzündete sich in den letzten Tagen und er bekam Fieber und nahm Antibiotika. Aus diesem Grund wollten wir nur durch die Kontrollposten vor Windhuk fahren, falls das Fieber komplett weg war und Adrian sich reisetauglich fühlte. Ein zweiwöchiger Aufenthalt in einer Quarantäne war definitiv nicht auf unserer «to do» Liste.

Nach einer unruhigen Nacht und dem kurzfristigen Einpacken, versuchte Adrian frühmorgens noch Fieber zu messen, um sicher zu gehen, dass es keine Komplikationen geben würde auf der Reise in die Hauptstadt. Die Suche nach einem Fiebermesser war vergeblich, aber er fühlte sich genügend fit, um die Reise anzutreten. Dies teilten wir auch Petra Illing und Urs Gamma mit und bekamen grünes Licht für die Fahrt.

Mit einem schlechten Gewissen verliessen wir das Resort Kupferquelle wieder und konnten nicht einmal von der Grosszügigkeit des Besitzers profitieren, da wir erst eine Nacht im Luxusappartement verbringen konnten.

Die 430km bis zur Hauptstadt durften wir mit Regine und Walter in ihrem eher kleinen Wohnmobil mitfahren. Der komplette öffentliche Verkehr in Richtung der Hauptstadt war nicht mehr aktiv und somit wäre es schwierig geworden, überhaupt ein Transportmittel zu finden. Somit luden wir das gesamte Gepäck in den hinteren Teil des Fahrzeugs und wir nahmen auf der Rückbank platz. Eigentlich dürfte dort niemand sitzen, aber wir entschieden, in dieser Notsituation eine Ausnahme zu machen.

Ohne Verkehr fuhr Walter routiniert mit etwa 90km/h südlich und vergewisserte sich ab und zu ob wir uns wohlfühlten in ihrem Zuhause der letzten Wochen. Während der Fahrt waren wir in Kontakt mit Petra und Urs, damit wir uns alle am Kontrollpunkt treffen konnten. Es kam noch eine andere Reisegruppe dazu, welche mit uns über diese «Grenze» gebracht werden musste.

Am Kontrollpunkt hatte das Militär bereits Zelte aufgestellt und dieses Bild erinnerte uns an die vielen Strassenblockaden in Nigeria. Die Männer in Uniform schienen nicht sehr motiviert und standen in grösseren Gruppen im Schatten, mit ihren Sturmgewehren in der Hand. Natürlich wurde der vorgeschriebene Abstand nicht eingehalten und die Schutzmasken wurden vielfach locker um den Hals getragen.

Während dem Anstehen zur Kontrolle fragten wir, wie es weiter gehe und ob wir bereits an nächsten Tag einen Platz im Flugzeug bekämen. Urs Gamma teilte uns mit, dass das morgige Flugzeug bereits voll wäre und noch nicht klar sei, wann die nächsten Flugzeuge nach Europa fliegen. Enttäuscht über diese Information, legten wir die letzten Kilometer bis in die Stadt zurück.

Alle gestrandeten Schweizer wurden in einem teuren Hotel untergebracht. Uns waren die Preise der Zimmer zu hoch und wir suchten uns eine viel günstigere Alternative. Wir fanden ein schönes Zimmer mit geteilter Küche und Garten unweit des Hotels.

Wir hatten noch keine Aussicht auf einen Rückflug und darum nahmen wir die Situation gelassen und holten am ersten Tag in Windhuk unsere Fahrräder bei der Autovermietung ab. Ausserdem half uns Nigel Fahrradkartons zu organisieren in einem Outdoorladen, um die Fahrräder für den Transport bereit zu machen.

Schliesslich erfuhren wir, dass drei weitere Flüge bewilligt wurden und wir bereits beim ersten auf der Warteliste waren. Am Abend gab es die neusten Informationen im Hotel, wo alle Schweizer logierten. Dort konnten wir es zusammen mit Petra Illing und Urs Gamma so koordinieren, dass wir Regine und Walter den Vortritt gaben, damit wir noch einen Tag länger Zeit hatten, unsere Fahrräder einzupacken. Ausserdem war unsere Hoffnung, nicht mehr auf der Warteliste zu sein, sondern einen fixen Platz im Flugzeug zu bekommen für den nächsten Flug. Wir wollten auf jeden Fall vermeiden, mit den Fahrrädern und dem Gepäck an den Flughafen zu fahren und danach wieder zurück, wenn es keinen Platz im Flieger gab. Denn genau dies war die Ausgangslage, wenn man sich auf der Warteliste befand.

Im Hotel lernten wir andere Schweizer kennen, welche seit einigen Wochen in Namibia unterwegs waren und wir tauschten unsere Erfahrungen und Geschichten aus. Drei Männer aus der Zentralschweiz waren in Südafrika gestartet und nach Namibia geradelt. Wir hatten unterhaltsame Gespräche und machten das Beste aus der unangenehmen Ausgangslage.

Am Tag darauf packten wir unsere Taschen und Fabian packte sein Fahrrad in den viel zu kleinen Karton. Diese Operation dauerte gut zwei Stunden und er war sichtlich erleichtert als er den Karton mit Klebeband zuklebte. Unterdessen fand Adrian heraus, dass es keine Rolle spielte, wie viele Gepäckstücke man hatte und wie schwer diese waren. Ausserdem gab es am Flughafen eine Verpackungsstation, wo man auch Fahrräder mit Plastik einwickeln konnte. Somit plante Adrian sein Fahrrad mit an den Flughaben zu nehmen, so wie es war, um es dort für den Flug zu verpacken.

Im zweitletzten Flug fanden wir einen definitiven Platz und man versicherte uns, dass die Fahrräder ohne Probleme mitgeführt werden können. Somit informierten wir unsere Familien und diskutierten, wo wir denn überhaupt wohnen werden nach der Heimreise. Wir waren uns zuerst nicht sicher, ob es Sinn machte bei unseren Eltern einzuziehen oder uns sonst irgendwo zu isolieren für einige Tage. Für ein paar Stunden liefen die Drähte heiss und alle möglichen Optionen wurden abgewogen und abgeklärt. Schlussendlich entschied sich Fabian vorerst zu seiner Schwester Nadine auf den Bauernhof zu gehen. Adrian machte mit seinen Eltern aus, bei ihnen zu wohnen für eine Weile, da sie sowieso bei der täglichen Arbeit exponiert sind und somit einem relativ grossen Risiko ausgesetzt sind.

Wir konnten einen Transport organisieren, der uns frühmorgens bei unserer Unterkunft abholte und in etwa 30 Minuten zum Flughafen brachte. Der Flughafen war praktisch leer und schien, als wäre er geschlossen. Während dem Anstehen zum Einchecken, packte Adrian sein Fahrrad mit Plastikfolie und Karton ein. Ein Mitarbeiter, der sonst eine ganz andere Tätigkeit ausübte, half ihm und verdiente sich ein paar zusätzliche Dollar.

Es war ein wenig skurril, denn alle Leute um uns herum warteten auf denselben Flieger und die Stimmung war viel entspannter als wir es erwartet hätten. Fast niemand trug Schutzmasken und der Abstand wurde bzw. konnte auch nicht eingehalten werden.

Beim Einchecken witzelte Adrian und fragte, ob wir erste Klasse fliegen. Der gut aufgelegte Mitarbeiter meinte, wir könnten leider nur Businessclass fliegen. Alle um uns lachten und für uns fühlte sich das fast wie eine Belohnung an, da wir bis jetzt bewusst ganz ohne Luxus auskamen. Uns erstaunte die lockere Stimmung der Einheimischen am Flughafen, denn alle werden voraussichtlich ihren Job in den nächsten Tagen, zumindest für eine Weile, verlieren und ohne Geld dastehen.

Kaum in der ersten Klasse platzgenommen, wurde Adrian nach hinten versetzt, da ihm versehentlich der Sitzplatz des Bordingenieurs zugeteilt wurde. Adrian akzeptierte die Degradierung unter der Voraussetzung, dass er sein Essenspaket mitnehmen durfte. Es gab aufgrund der ausserordentlichen Lage keine Bedienung im Flugzeug und jeder Passagier bekam eine Snackbox und eine Flasche Wasser, um den Kontakt auf ein Minimum zu reduzieren.

Nach der Landung konnten die Passagiere schrittweise aussteigen, um grosse Menschenansammlungen zu vermeiden. Diese Aktion misslang und bereits bei der ersten Rolltreppe trafen sich die meisten Passagiere wieder. Bei der Passkontrolle konnte Adrian ohne Probleme passieren. Bei Fabian meinten die Beamten, er müsse in der Transitzone warten, denn es wäre nur erlaubt am selben Tag der Ankunft das Land wieder zu verlassen und es fuhren keine Züge mehr in die Schweiz. Schlussendlich durfte er und weitere Schweizer trotzdem passieren und wir holten unser Gepäck ab. Wie wir bereits nach dem verspäteten Abflug ahnten, mussten wir eine Nacht im Flughafen verbringen. Somit suchten wir uns eine ruhige, dunkle Ecke und machten es uns mit Matte und Schlafsack bequem.

Am Schalter der Deutschen Bahn erkundeten wir uns über die schnellste Verbindung in die Schweiz. Bereits am Vortag erfuhren wir, dass ein Güterzug auf der Strecke um Freiburg im Breisgau entgleiste und somit diese Strecke für mehrere Tage ausser Betrieb war. Somit war die effizienteste Verbindung für uns über Offenburg und Schwarzwald bis nach Konstanz. Von dort mussten wir nochmals umsteigen, um die Grenze mit der S-Bahn in die Schweiz zu überqueren. Über Basel hätten wir sechsmal umsteigen müssen und darum kam diese Route mit den Fahrrädern nicht in Frage.

Am Bahnhof in Frankfurt lernten wir noch vier andere Schweizer Reisende kennen, welche in Bolivien unterwegs waren. Die zwei Paare waren bereits seit vier Tagen unterwegs und froh, bald einmal zu Hause anzukommen.

Ausgestattet mit Snacks und Bier brachten wir die kurzweilige Zugfahrt hinter uns. Besonders die Schwarzwaldregion gefiel uns sehr und ein Einheimischer gab uns einige Informationen. In Deutschland kontrolliert momentan niemand mehr die Tickets, aber trotzdem waren die Züge mehrheitlich leer.

Das Umsteigen von Konstanz nach Kreuzlingen lohnte sich kaum, da es nur eine Station war und die Distanz etwa nur einen Kilometer lang war. Glücklich und sichtlich erleichtert empfing uns Adrians Mutter Rita am Bahnhof. Somit befanden wir uns wieder in der Heimat und sofort versuchten wir Unterschiede festzustellen während der Heimfahrt.

Interessanterweise wurden wir weder am Flughafen in Windhuk, Frankfurt oder an der Grenze in die Schweiz kontrolliert oder nach unserem Befinden befragt. Wir erwarteten Fiebermessungen und Befragungen und eventuell längere Wartezeiten. Nichts war der Fall und wir mussten unsere Passierscheine von der Schweizer Botschaft nicht einmal aus dem Gepäck kramen.

Anstatt nach Buchrain zu fahren, wurden wir in Römerswil bei Fabians Schwester von einem kleinen Empfangskomitee überrascht. Wir genossen leckere Grilladen und die Gemeinsamkeit unter Berücksichtigung der empfohlenen Distanz, bevor sich unsere Wege seit langem für das erste Mal trennten.

Unsere Zeit in Namibia war definitiv ereignisreich und wird uns für immer in Erinnerung bleiben. Das Highlight war sicher der Besuch des Etosha Nationalparks als fast einzige Touristen. Ausserdem genossen wir den Luxus der Lodges, welchen wir auf der gesamten Reise nur selten hatten. Leider konnten wir die namibische Erfahrung nicht mit Adrians Familie teilen, aber dies muss nicht heissen, dass dies nicht noch geschehen kann…

Unser Ziel ist es definitiv, die Reise bei Gelegenheit fortzusetzen und abzuschliessen. Niemand weiss wie lange das noch gehen wird bzw. in welchem Zustand sich Namibia und Südafrika nach diesem geschichtsträchtigen Ereignis befinden werden.

Auf jeden Fall hoffen wir, dass du uns treu bleibst und wir werden dich sicherlich weiterhin auf dem Laufenden halten bezüglich unserer Pläne und der Situation im südlichen Afrika.

Windhuk/Rundreise mit einem Mietauto

20. März – 27. März 2020:

Adrians Eltern hatten ein Zimmer in einem Hostel in Windhuk gebucht. Ihr Flug wurde gestrichen und somit konnten wir von diesen zwei Nächten in einem schönen Zimmer profitieren. Im Hostel befanden sich viele Reisende und wir lernten viele nette Leute kennen. Die Mehrheit kam aus Deutschland und war bereits daran einen Rückflug zu organisieren. Die Stimmung war eher gestresst und viele Leute hatten schon Panik, dass sie nicht rechtzeitig nach Hause kommen.

Aktuell gibt es nur wenige bestätigte Fälle des Corona-Virus in Namibia, aber niemand weiss ob die Zahlen stimmen und wie viele Leute wirklich getestet wurden. Von anderen Radfahrern, die sich in Afrika befinden, haben wir gehört, dass die Leute ihnen bereits „Corona“ nachrufen, da es für die Einheimischen klar ist, dass die Weissen aus Europa oder die Chinesen diese Krankheit nach Afrika gebracht haben. Aus diesem Grund sind viele Radfahrer nach Hause geflogen und haben ihre Reise abgebrochen. Viele der kommerziellen Flüge wurden in den letzten Tagen gestrichen und somit sind viele Reisende gestrandet.

Die Feier zur Unabhängigkeit Namibias vor genau 30 Jahren musste leider aufgrund des Virus abgesagt werden. Die Einweihung des Präsidenten fand trotzdem statt und viele Staatschefs aus anderen Afrikanischen Staaten kamen zu Besuch und ignorierten die Ansteckungsgefahr.

In Windhuk wohnen ungefähr 20% der 2.1 Millionen Einwohner. Die Fläche Namibias ist ziemlich genau 20 Mal grösser als die der Schweiz. Die Bevölkerungsdichte ist nach der Mongolei die zweitkleinste der Welt.

Die meisten Autovermietungen waren bereits geschlossen oder vermieteten keine Autos mehr. Schlussendlich fanden wir eine kleine Autovermietung wo wir einen Nissan 4×4 zu einem fairen Preis mieten konnten. Wir konnten sogar zusätzlich noch einen Kühlschrank, Stühle, einen Campingtisch und einen Gaskocher in den Mietpreis feilschen. Aufgrund der Unsicherheit der Geschehnisse, mieteten wir das Auto erst einmal für eine Woche mit Option zur Verlängerung.

Beim Frühstück lernten wir Marie, eine Deutsche Studentin kennen und boten ihr an mit uns mitzufahren. Spontan entschied sich Marie ein wenig mit uns mitzureisen.

Auf dem Weg zur Waterberg Wilderness Lodge, am Rande des Waterberg Plateau Parks, planten wir zwei Nächte zu bleiben und die Gegend zu erkunden. Eine Arbeitskollegin und Freundin von Adrian ist die Tochter der Besitzer dieser und zwei anderen Lodges und darum hatten wir grosszügigerweise die Gelegenheit den für uns seltenen Luxus zu geniessen. Die Lodge bot einen wundervollen Ausblick auf die umliegenden Felsklippen.

Die Übernachtung in der Lodge beinhaltete ein leckeres Frühstücksbuffet, Kaffee und Kuchen am Nachmittag und ein köstliches  4-Gänge Menu am Abend. Kurz, wir wurden richtig verwöhnt und konnten uns ein wenig vom ganzen Corona-Stress  distanzieren.

Um die Lodges gab es mehrere Wanderwege, welche man erkunden konnte. Im Park soll es Giraffen, Nashörner, Affen und viele Antilopenarten geben. Gemeinsam liefen wir den anspruchsvollen und dank dem vielen Regen mit hohem Gras zugewachsenen Pfad. An der Quelle, welche das ganze Tal und die Lodges mit Wasser versorgt, sahen wir mehr als ein Dutzend Paviane, welche uns seelenruhig beobachteten.

In einem der vielen Swimmingpools kühlten wir uns ab und entspannten im Schatten. Wir unterhielten uns übers Reisen und die aktuelle Situation in Afrika und wie sich diese Pandemie noch entwickeln könnte.

Marie verabschiedete sich wieder von uns und fand ein Paar, welches sie nach Windhuk mitnehmen konnte. Bevor wir weiterfuhren, liefen wir entlang eines Pfads, der die traurige Geschichte einer einheimischen Bevölkerungsgruppe während der Deutschen Besatzungszeit erklärte. Brutal wurden diese Leute unterdrückt, verfolgt und in Arbeitslager gesteckt während vieler Jahre.

Auf kleinen, wenig befahrenen Kiesstrassen fuhren wir zur Ghaub Lodge. Der Weg führte uns durch ein wunderschönes Tal, genannt „Tiger valley“ und bald erreichten wir die zweite Lodge von der Familie von Adrians Freundin Dominique.

Die einzigen anderen Gäste waren ein sympathisches Deutsches Paar, welches seit mehreren Monaten auf Weltreise war. Auch die beiden hatten sich bei der Deutschen Botschaft für einen Rückflug gemeldet und fuhren zurück nach Windhuk, in der Hoffnung bald nach Hause zu kommen.

Leider erreichten uns die Neuigkeiten, dass der Namibische Präsident entschieden hatte, zwei Regionen komplett zu isolieren in den folgenden Tagen, um die Verbreitung des Virus einzuschränken. Aus diesem Grund wussten wir, dass unsere Zeit mit dem Mietauto wahrscheinlich nicht mehr lange gehen würde und wir uns bald nicht mehr frei im Land bewegen können.

Wir entspannten auf dem ruhigen Gelände und genossen den Luxus. Adrian erkundete die hüglige  Gegend joggend und kam rechtzeitig zurück für Kaffee und Kuchen. Achim der Bruder von Dominique versprach uns eine Ausfahrt um Nashörner zu sehen. Für die normalerweise recht teure Tour wollte er nicht einmal etwas und wir freuten uns wie kleine Kinder auf die Ausfahrt. Zu Beginn sahen wir viel Wild und dutzende Warzenschweine. Kurz bevor Achim aufgab, versuchten wir unser Glück zu Fuss in der Nähe von ein paar Wasserlöchern. Plötzlich sichtete Fabian ein männliches Breitmaulnashorn nur einige Meter von uns entfernt. Schnell brachten wir uns in Sicherheit, da die mehr als drei Tonnen schweren Tiere trotz ihres Gewichts noch locker 40 km/h rennen können. Somit konnten wir auch das zweite Tier der „Big Five“ abhaken.

Im Restaurant unterhielten wir uns mit einigen Angestellten und erfuhren, dass auch hier bereits viele Leute entlassen wurden. Anscheinend sind wegen den nicht einreisenden Touristen schon 10% der namibischen Bevölkerung entlassen worden.

Nach dem Genuss des ausgiebigen Frühstücksbuffets, machten wir uns auf zum nächsten Ziel, dem Etosha Nationalpark. Definitiv eines der Highlighs in Namibia und darum wurde uns der Park von allen Reisenden empfohlen. Zuerst machten wir allerdings einen Zwischenstopp in Tsumeb, um Nigel zu besuchen. Der quirlige Ex-Radprofi und Tour de France Absolvent schenkte uns noch ein paar Ersatzteile für unsere Fahrräder und wir tauschten uns über die aktuelle Lage im Land aus.

Danach statteten wir dem Schweizer Paar Regine und Walter, welches wir vor ein paar Tagen auf dem Campingplatz kennengelernt hatten, einen Besuch ab. Das Rentnerpaar befand sich immer noch auf dem Camping und genoss die Ruhe und den Komfort vor Ort.

Nach dem Volltanken, suchten wir einer der beiden Seen in der Region auf. Der eindrückliche Guinas Lake ist durch den Einsturz eines Höhlensystems entstanden und darum stolze 130m tief. Wegen eines aufziehenden Gewitters war unser Bad nur von kurzer Dauer. Auf einer Nebenstrasse in der Nähe des Parkeingangs fanden wir einen Platz, wo wir unser Zelt aufstellten konnten.

Um 7 Uhr morgens, viel früher als sonst, waren wir bereits unterwegs Richtung Parkeingang und sahen den Sonnenaufgang. Nach dem Passieren des Zaunes, sahen wir bereits Giraffen auf der Strasse und freuten uns über das frühe Glück.

Nach dem Bezahlen der moderaten Eintrittsgebühr, entschieden wir uns für die Umfahrung eines relativ grossen Sees. Kurz darauf sahen wir bereits viele Streifengnus, Steppenzebras, Oryx, Kudus und weitere Antilopenarten. Von weitem sahen wir ein Tier, welches wir zuerst nicht zuordnen konnten. Doch als das Tier näher kam, realisierten wir unser Glück, denn es handelte sich um einen mächtigen Löwen. Dieser spazierte stolz vor uns über die Strasse und legte sich unweit von uns unter einen Strauch in den Schatten. Wir hatten überhaupt nicht mit der Sichtung eines Löwen gerechnet, da es im Etosha Park nicht viele Exemplare gibt und es während der Regenzeit eher schwierig ist diese zu sehen.

Der Etosha-Nationalpark ist halb so gross wie die Schweiz und somit das zweitgrösste Naturschutzgebiet Afrikas. Während der Weiterfahrt sahen wir nicht mehr viele neue Tiere und die Wasserlöcher waren aufgrund der momentanen Niederschlagsrate wenig oder gar nicht besucht. Die Salzpfanne des Parks ist riesig und eindrücklich. Diese sieht aus wie ein Meer ohne Ende und bietet keine Lebensgrundlage für den Grossteil der Lebewesen.

Während einer Pause telefonierten wir mit unserer Autovermietung und fanden heraus, dass wir das Auto bereits an diesem Tag in Windhuk zurückgeben sollten. Der Grund war die geplante Sperrung der Hauptstadt. Seit wir von dieser Absperrung Bescheid wussten, waren wir mit der Autovermietung in Kontakt und diese war sehr entspannt über die aktuelle Lage. Jetzt plötzlich musste alles (typisch Afrikanisch) schnell gehen und wir hatten keine Wahl, ausser zu kooperieren. Wenigstens konnten wir aushandeln das Auto in der Mitte, also nur 250km anstatt 450km weiter südlich zurückzugeben.

Somit fuhren wir auf dem direkten Weg zum Treffpunkt und übergaben das Auto an einen Fahrer, der aus Windhuk mit dem Bus anreiste. Danach wollten wir eigentlich zur Ghaub Farm von Achim fahren, um dort die Pandemie abzuwarten. Leider sagte uns dieser kurzfristig ab und meinte der ganze Hof müsste geschlossen und alle Mitarbeiter entlassen werden.

Nach kurzer Überlegungszeit entschieden wir uns wieder nördlich zu reisen, da wir dort wenigstens Nigel vom Fahrradprojekt und das Schweizer Paar (Regine und Walter) kannten. Wir fragten mehrere Leute wohin sie fahren, aber fanden niemanden der uns günstig mitnehmen wollte. Schlussendlich fuhr uns ein Pärchen zu einer Tankstelle, wo wir innerhalb einer Minute einen Transport nach Tsumeb fanden.

Im Auto lernten wir einen Polizisten kennen, der uns gleich zu sich nach Hause einlud, falls wir keinen geeigneten Ort für die nächsten Wochen finden würden. Im Radio hörten wir, dass es bereits mehrere tödliche Unfälle auf den Strassen Richtung Windhuk gegeben hatte, da viele Leute vor der Sperrung irgendwo hinfahren wollten. Kurz vor Mitternacht erreichten wir den uns bekannten Campingplatz und stellten müde unser Zelt auf.