9. August – 13. August 2019:
Beim Verlassen der Grossstadt kompensierten wir als Nichtraucher die nicht inhalierten Schadstoffe eines Jahres im Nu. Die alten Transporter stossen jedes Mal, wenn sie losfahren eine unglaublich grosse, schwarze Rauchwolke aus, so dass man kaum noch sieht wo man durchfährt.
Bei der ersten Pause nach über 70 Kilometern, spürten wir bereits die Übersäuerung aller Muskeln unserer Beine. Vielleicht wären wir nach der fast zweiwöchigen Pause besser etwas gemächlicher gestartet…
Frühmorgens wurden wir einmal von einem Knaben, der am Vorabend unweit von unserem Schlafplatz mit seinem Vater selbsthergestellte Kohle und grillierte Maiskolben verkaufte, unsanft geweckt. Er rüttelte an Fabians Bein und sagte: «les vieux, les vieux». In unserer Mentalität wäre eine solche Aktion unhöflich, aber in Afrika ist es völlig normal und Rücksicht kennt man so nicht.
Wir fuhren weiterhin durch sekundären Regenwald und die Strasse war von unerwartet vielen Autos und Lastwagen befahren. Es kamen uns immer wieder Lastwagen mit riesigen Stämmen aus Tropenholz entgegen und wir fragten uns wo es in der Elfenbeinküste überhaupt noch solch mächtige Bäume gibt.
Plötzlich hielt ein Geländewagen an und ein Mann deutete uns eifrig, er wolle mit uns sprechen. Er stellte sich als Jean-Claude vor und war Präsident eines Fahrradclubs in Abidjan. Extrem interessiert fragte er über unsere Reise nach und schoss einige Fotos mit uns.
Trotz den vielen immer steiler werdenden Steigungen, kamen uns Dutzende Männer und Kinder auf dem Fahrrad entgegen. Meistens waren die alten, rostigen Zweiräder maximal mit Feuerholz bepackt. Ausserdem sahen wir wie Bananen oder Palmblätter transportiert wurden. Am Strassenrand sahen wir immer wieder wie ganze Tiere aus dem Busch grilliert wurden. Darunter waren Ratten, Schuppentiere und verschiedene grössere Nagetiere. Für unser Mittagessen sah der Zufall «Futu» mit einem Stück Gazellenfleisch vor.
Aufgrund des höchsten muslimischen Feiertages, genannt Tabaski, waren die Strassen fast leer und wir hatten die gute Asphaltstrasse für uns. Bereits am Vortag sahen wir überall wie Männer Kühe und Schafe schlachteten für den Feiertag. In jedem Dorf hörten wir Musik aus den Häusern und manchmal dröhnte es aus dem Busch, als ob sich dort eine Disco befinden würde. Alle Leute, ob Muslime oder nicht, waren gut drauf und grüssten uns noch enthusiastischer als sonst.
In einem kleineren Ort fragten wir nach einem Restaurant, da wir keines fanden und wurden prompt zum Essen eingeladen. Uns wurde, wie es die Tradition bestimmt, frische Schafsleber an einer köstlichen Zwiebelsauce und Reis serviert. Der Besitzer des benachbarten Ladens schenkte uns sogar noch Süssgetränke und wir fühlten uns wie Ehrengäste.
Es ist schön zu sehen wie in Westafrika Muslime und Christen gemeinsam die religiösen Feste feiern und ein Zusammenleben überhaupt kein Problem zu sein scheint. Traurigerweise sind wir von diesem gegenseitigen Respekt und Akzeptanz weit entfernt.
Wir verabschiedeten die immer noch in Feierlaune befindliche Familie, nachdem wir das bereits vorbereitete Frühstück vertilgten.
Die vielen Anstiege und Abfahrten blieben uns treu und der Schweiss drang aus allen Poren. Generell hatten wir in den letzten Tagen das Gefühl, die Luftfeuchtigkeit sei noch extremer. Sogar bei bewölktem Himmel lief uns der Schweiss in den Pausen ins Gesicht.
Nach den beiden Ländern Liberia und Sierra Leone, wo Hilfsprojekte omnipräsent waren und fast jedes kleine Dorf einen Pumpbrunnen hatte, sieht die Situation in der Elfenbeinküste etwas anders aus. Moderne Brunnen sind eine Seltenheit und die alten Ziehbrunnen sind meistens nicht einmal abgedeckt, wenn sie nicht gebraucht werden.
Von Vogelgezwitscher und raschelnden Kleintieren wurden wir in unserem Versteck, relativ tief im Wald, geweckt. In einem netten, authentischen Restaurant fragte uns die Mutter einer hübschen, jungen Dame ziemlich direkt, ob einer von uns Interesse hätte ihre Tochter zu heiraten. Schlussendlich fanden wir heraus, dass wir als Nichtmoslems dann doch nicht geeignete Kandidaten waren.
Während der letzten Wochen in der Elfenbeinküste hatten wir viele nette Begegnungen und waren einmal mehr von der Gastfreundschaft in Afrika überwältigt. Die Landschaften auf unserer Route waren leider von vielen Plantagen geprägt und daher eher eintönig. Als nächstes Land wartet Ghana auf uns, wir sind sehr gespannt was dieses noch fortschrittlichere Land zu bieten hat.